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Die Israelitische Schule Alldorf
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Stützung der Israelitischen Schule bei den Sachausgaben gerügt. Ihre Kinderzahl
betrage weniger als 50 Schüler, weshalb eine Unterstützung entfallen
müsse. Diese neue Richtlinie sollte offensichtlich den Druck in Richtung
Aufhebung kleiner Konfessionsschulen verstärken. In seiner Stellungnahme
entschuldigt sich der Gemeinderat, man habe „um des Frieden[s]
willen" die Kosten aus der Gemeindekasse bestritten.27 Das Heizmaterial
werde jedoch von der jüdischen Gemeinde aufgebracht, obwohl diese beantragt
habe, dass die politische Gemeinde auch diese Kosten übernehme.
Beanstandet wird von der visitierenden Behörde auch das hohe Alter
von Hauptlehrer Bernheim. Er sei „zu alt" und gehöre in Pension. Adressat
der Kritik ist nun die politische Gemeinde. Der Synagogenrat erhielt von
dieser Forderung lediglich Kenntnis. Die Entscheidung lag aber nicht mehr
bei ihm. Die politische Gemeinde hat sich jedoch mit der Pensionierung
von Lion Bernheim bis zum 1. November 1874 Zeit gelassen.28 Der Behörde
wurde die Vakanz sogar erst ein halbes Jahr später angezeigt. Nachfolger
wurde Abraham Schweizer. Obwohl die Israelitische Schule ihre
Selbstverwaltung eingebüßt hatte, wies man ihr immer noch einen jüdischen
Lehrer zu.
Entsorgung aus dem Fenster
Die politische Gemeinde ist 1874 für alles zuständig, was mit der Instandhaltung
des Gebäudes der Israelitischen Schule zu tun hat. Der Bürgermeister
verspricht, das „Weiseln" des Schulzimmers, das Anbringen von
Fußleisten und die Instandsetzung der Türen. Nicht zuständig fühlt er sich
bei der Anschaffung von Büchern, dies sei Aufgabe des Ortsschulrats.
Konkret wurde das Fehlen von Atlanten bemängelt. Nicht verantwortlich
sieht der Bürgermeister die Gemeinde bei der notwendigen Reparatur des
Daches.29
1874 ist an der Israelitischen Schule die Schülerzahl nochmals abgesunken
. In den drei zurückliegenden Jahren haben durchschnittlich nur noch
34 Schüler/innen die Einrichtung besucht. Das Schulgeld wird nicht mehr
vom Gemeinderat, sondern von der Schulbehörde einheitlich festgelegt. Es
wird in der Zeit der Einführung einer neuen Währung nicht nur in Gulden,
sondern auch in Mark beziffert. Ein Gulden und 52 Kreuzer entsprechen
3 Mark und 20 Pfennigen. Die obere Grenze dessen, was dem Lehrer davon
zufließen soll, beträgt 180 Mark. Was dazu wegen der geringen Kinderzahl
oder der Bedürftigkeit der Kinder fehlt, soll von der politischen
Gemeinde ersetzt werden. Das Grundgehalt des Lehrers wird auf 560 Gulden
oder 960 Mark festgelegt. Die jüdische Gemeinde muss sich mit 206
Mark daran beteiligen. Den Rest hat die politische Gemeinde aufzubringen
. Sie kann jedoch bei eigener Bedürftigkeit einen Antrag an die Staatskasse
stellen.30
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