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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 269
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269

Leben mit zwei verschiedenen Zeiten: Die jüdischen
Kalender aus dem Bestand der Schmieheimer Genisa

Monika Müller

Die Zahl der Objekte, die heute noch an die einst in Südbaden vorhandenen
jüdischen Landgemeinden erinnern, ist gering. In den zurückliegenden
Jahren konnten nur verhältnismäßig wenige Gegenstände ermittelt werden,
die die Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes überdauert
haben.1 Mit den Papier-, Textil-, Leder- und Metallobjekten, die vor einigen
Jahren bei Umbauarbeiten am ehemaligen Schmieheimer Synagogengebäude
gefunden wurden, liegen im südbadischen Raum nun erstmals die
Überreste der Genisa (pl. Genisot) einer jüdischen Landgemeinde vor.2 Eigentlich
sind Genisot für die Einlagerung religiöser Schriften gedacht.
Dennoch ist es keine Überraschung, dass in der Schmieheimer Genisa auch
ein Wandkalender und sechs geheftete Taschenkalender gefunden wurden.
Diese einst für profane Zwecke benutzten Druckwerke fanden sich in zahlreichen
wieder entdeckten Genisot.3 Für die Forschung ist dies ein Glücksfall
, denn jüdische Kalender sind in den vergangenen Jahrhunderten nur
selten in die Bestände von Bibliotheken aufgenommen worden. Ihr Wert
als historische Quelle war den Zeitgenossen offenbar nicht bewusst. Sie
ahnten nicht, dass die Einträge in den Kalendern späteren Generationen
interessante Einblicke in das Alltagsleben der jüdischen Landbevölkerung
im 18. und 19. Jahrhundert geben können. Anhand der sieben in der
Schmieheimer Genisa überlieferten Kalender soll im Rahmen dieses Beitrags
aufgezeigt werden, wie diese Druckwerke gestaltet waren, und welche
Erkenntnisse sich aus den darin enthaltenen Einträgen gewinnen lassen
. Zuvor soll jedoch in einer längeren Einführung auf die Funktion, die
Geschichte und den Inhalt der Schmieheimer Genisa eingegangen werden.

Funktion der Genisa

Der hebräische Terminus „Genisa" bezeichnet einen Raum, in dem nicht
mehr benutzbare religiöse Schriften und Gegenstände aufbewahrt werden.
Etymologisch geht der Begriff auf den persischen Ausdruck für eine Art
„Schatzkammer", in der Geld, Schmuck und dergleichen verwahrt werden,
zurück. Die Einrichtung von Genisot hat im Judentum eine lange Tradition
. Auf diese Praxis wird bereits in der frühen rabbinischen Literatur verwiesen
. Entstanden ist der Brauch aus den Vorschriften zum Umgang mit
Schriften, die den heiligen Namen Gottes enthalten, den so genannten
„Schemot". Die Bezeichnung Schemot leitet sich von dem hebräischen


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