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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 309
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Nur die Spitze des Eisbergs

309

parierte Krankenreviere für Russen eingerichtet waren. Laut Leonow wurde
das Verbrechen im Krankenrevier verübt und nicht im Keller eines Kasernengebäudes
.

In Bernd Bolls Dissertation wird ein Fall geschildert, der veranschaulicht
, als wie lästig kranke russische Zwangsarbeiter und Ostarbeiter von
den Offenburger Institutionen empfunden wurden und dass selbst das städtische
Krankenhaus sie so schnell wie möglich wieder loswerden wollte.19
Im März 1944 wurde in einer Baracke des städtischen Krankenhauses ein
Krankenrevier für sowjetische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene mit Fleckentyphus
eingerichtet. Aus Platzmangel und der Furcht vor Ansteckung
wurden diese Patienten isoliert untergebracht und es wurde ihnen untersagt
, sich bei Luftangriffen in Sicherheit zu bringen. Ihr Tod wurde dabei
billigend in Kauf genommen. Zitat aus einem Schreiben vom 7. März 1944
von Bürgermeister Rombach: „Eine Verantwortung für Schadensfälle bei
etwaigen Luftangriffen usw. muss die Stadtverwaltung und die Krankenhausdirektion
auf jeden Fall ablehnen. "20

Dieser Satz impliziert fast schon, dass ein Schadensfall durch „Luftangriffe
usw." erwartet wurde. Was hier unter „usw." verstanden wurde,
bleibt unklar, doch offensichtlich stellten Luftangriffe nicht den einzigen
möglichen Grund für einen bevorstehenden Schaden dar. Interessant erscheint
, dass die Verantwortung für einen zu erwartenden Schadensfall
schon im Vorhinein abgelehnt wurde. Sechs Wochen später schickt die
Krankenhausdirektion eine kurze Mitteilung an den Oberbürgermeister. Zitat
: „Die Krankenhausdirektion teilt mit, dass Fleckentyphuskranke im
Krankenhaus nicht mehr vorhanden seien. "21 Was mit den Kranken geschah
, kann aus den Akten nicht weiter abgeleitet werden. Der Vorfall ereignete
sich im März 1944, also in dem Zeitraum, den Nikolai Leonow für
das von ihm geschilderte Verbrechen angibt. Aufgrund dieser Überlegungen
könnte man zu der Vermutung kommen, der von Leonow beschriebene
Massenmord habe sich in der Baracke des städtischen Krankenhauses abgespielt
. Zwar wurden die weniger schwer erkrankten Zwangsarbeiter und
KZ-Häftlinge in den so genannten Krankenrevieren der einzelnen Lager
versorgt, die schwer erkrankten, also die problematischen Fälle wurden jedoch
ins Krankenhaus verlegt.

Doch gegen diese Vermutung, die beschriebenen Vorgänge im städtischen
Krankenhaus könnten etwas mit dem von Leonow beschriebenen
Verbrechen zu tun haben, spricht kurioserweise die Angabe eines identischen
Zeitpunkts beider Vorkommnisse. Denn Leonow hat sich in seinem
Brief ganz offensichtlich bei der Nennung von Jahreszahlen um ein Jahr
vertan. Seine Überführung mit dem Bauzug von Flossenbürg nach Offenburg
datiert er auf den März 1944. Durch die Transportliste ist jedoch eindeutig
der März 1945 als Zeitpunkt für die Überführung angegeben. Auch
als Datum seiner Befreiung gibt er den April im Jahr 1944 an, in Wirklich-


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