http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0321
321
Die kleine Friedhofsglocke von St. Michael in Sasbach
Erwin Fischer
Mit dem hellen, reinen Klang begleitete diese kleine Glocke auf der Friedhofskapelle
St. Michael in Sasbach schon mehrere Generationen auf ihrem
letzten Weg. Der Totengräber läutete dabei mit dem Glockenseil nach einem
exakten Rhythmus, damit ein gleichmäßiges volles Geläut erklang. Bei der
Renovierung der Kapelle 1969/70 bekam die Glocke einen elektrischen Antrieb
. Im Türbogen der Kapelle ist die Jahreszahl 1515 eingemeißelt.
Einige ältere Bürger von Sasbach haben eine besondere Verbindung und
Erinnerung an diese kleine Glocke. In längst vergangenen Zeiten läutete
diese kleine Glocke an der Kapelle zur heiligsten Dreifaltigkeit in der
Wallfahrt, auf dem Hochfeld nördlich von Sasbach, so die mündliche
Überlieferung. Viele Pilger baten hier um Hilfe in ihrer Not.
Aufzeichnungen von Mönchen vom Kloster Allerheiligen verdanken
wir die ersten urkundlichen Erwähnungen der Kapelle in der Wallfahrt. Bereits
1347 stand auf dem Hochfeld neben dem heutigen Landgut Lindenhaus
eine einfache Kapelle, die der heiligsten Dreifaltigkeit geweiht war.
Durch Krankenheilungen war die Wallfahrt weithin bekannt geworden,
selbst aus dem Elsass kamen die Besucher.
Papst Clemens XI verlieh am 26.2.1717 der Wallfahrtskapelle das eigene
Altarprivileg. Es folgte die Zeit der Enteignung der Klöster. Diese einschneidenden
Maßnahmen hatten die Aufhebung des Benediktinerklosters
Schuttern zur Folge, das bis dahin die Wallfahrtskapelle betreute. Das Wappen
der ehemaligen Abtei Schuttern über dem Haupteingang am Pfarrhaus
in Sasbach erinnert an die jahrhundertlange Verbundenheit, die 1806 zu Ende
ging. Die kleinen Wallfahrtskapellen mit ihren frommen Bräuchen pass-
ten nicht mehr zu dem „aufgeklärten" Zeitgeist, sie sollten verschwinden.
Auf bischöfliche Verordnung vom 4.3.1809 wurde die Wallfahrt aufgehoben
. Doch das hinderte die Gläubigen nicht in Anliegen die Kapelle aufzusuchen
. Nach den Verkündbüchern der Pfarrei von Sasbach wurden auch
weiterhin regelmäßig Messen und Andachten in der Kapelle abgehalten.
Zu Sasbach gehörte der Ortsteil Sasbachwalden. Nachdem Sasbachwal-
den eine selbstständige Gemeinde wurde, strebte sie auch eine eigene Pfarrei
an. Das badische Staatsministerium verfügte am 29.9.1836 die Errichtung
einer späteren selbstständigen Pfarrei in Sasbachwalden. Dabei sollte
die Wallfahrtskapelle bei Sasbach abgetragen und für die neue Kirche in
Sasbachwalden verwendet werden. Erzbischof Dr. Ignaz Demeter, ein ehemaliger
Pfarrer von Sasbach, hatte sich schon als Domkapitular beim
Großherzog dafür eingesetzt. Im November 1840 erfolgten die Abbrucharbeiten
der Wallfahrtskapelle.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0321