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Heinz Nienhaus
in Gutach, belegen, dass die Bohlenkonstruktion mit dem Rauchgatter im
Obergeschoss die ursprüngliche ist. Erst spätere feuerpolizeiliche Auflagen
haben auch hier das reine Holzhaus an seiner Schauseite empfindlich verändert
. "31 Leider gibt es aber auch hier keinen exakten Hinweis darauf,
wer, wann und mit welcher feuerpolizeilichen Auflage „das reine Holzhaus
an seiner Schauseite empfindlich verändert(e)".
Die ländliche Bevölkerung sah in den offenen Feuerstellen der Küche
jedenfalls kein hohes oder gar unverantwortbares Brandrisiko. In diesem
Zusammenhang interessant sind die Ausführungen des Karlsruher Architekten
Prof. B. Kossmann (1894): „Ein anderer Nachteil soll darin bestehen
, dass die Freizügigkeit' des Rauches Feuergefahr in sich berge. Beispielsweise
bemerkt S c h u p p (1870), die Bauart der Schwarzwaldhäuser
sei höchst gefährlich. Es ist dieses jedoch thatsächlich betreff Entzündung
im Innern der Häuser nicht der Fall, da die Funken durch ein Gewölbe
über dem Herd am weiteren Aufsteigen gehindert werden. Wir haben uns
wiederholt im Schwarzwalde erkundigt, ob Fälle vorkamen, dass Häuser
durch Funken von Herdfeuerung aus angezündet worden seien, und erhielten
stets dieselbe Antwort auch von den bekannten .ältesten Leuten', daß
ein solcher Fall nicht vorgekommen sei. Im Gegentheil - wird versichert -
erhärte der Rauch das Gebälk vollständig; durch schwaches Feuer ist dasselbe
unv ertilgbar" ?2
Bei einer solchen Gefahreneinschätzung ist nicht auszuschließen, dass
man die Forderungen der Württembergischen Bauordnung - wenn sie denn
auch für die vereinzelt angeordneten Bauernhäuser galt - nicht so recht
ernst nahm und auf das Riegelmauerwerk in der Küchenaußenwand verzichtete
. Aber diese Mutmaßungen sind eben nur spekulativ; sie führen
nicht zu einem wissenschaftlich vertretbaren Ergebnis. Wie komplex der
Sachverhalt ist, lassen die vorausgegangenen Ausführungen erkennen.
Nach wie vor ist die Frage, ob die Fachwerkaußenwand der Küche durch
die Württembergische Bauordnung von 1568 ausgelöst wurde, nicht eindeutig
und zufriedenstellend geklärt. Vielleicht können hier nur dendro-
chronologische Untersuchungen an der ursprünglichen Fachwerkwand
eines Gutachtäler Hauses aus dem 16. oder beginnenden 17. Jahrhundert
eine verlässliche Antwort geben.
Ein völlig anderes Bild ergibt sich hinsichtlich der Entstehungsgeschichte
des Gutachtäler Haustyps, wenn man sich die ursprüngliche bauliche
Konzeption des im Jahre 1565 erbauten Altenvogtshof in Wolfach-
Kirnbach vor Augen führt.
Gutachtäler Haustyp älter als Württembergische Bauordnung von 1568
Wie zuvor schon angedeutet, glaubte Schilli (1953), der Gutacher Vogtsbauernhof
sei 1570 erbaut und damit der seinerzeit „älteste sicher datierte
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