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Peteriis lag - ein Festtag für Kinder
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Oberentersbach ist ein stilles Seitental, das erste des Harmersbachtals.
Die Höfe liegen weit verstreut, es ist also keine geschlossene Dorfgemeinschaft
.
Und gerade hier hat sich eine besondere Peteriistagtradition bewahrt.
Der Schulleiter von Unterharmersbach, Hans-Peter Wagner, der die Situation
gut kennt, berichtet: Schon morgens um halb acht Uhr treffen sich
die Peteriistagspringer am ehemaligen Rat- und Schulhaus, der heutigen
badischen Imkerschule.
Die Buben haben ein Glöcklein um den Hals hängen, um damit den
Frühling willkommen zu heißen. Der Säckelmeister ist immer der älteste
Peteriistagspringer. Zum Zeichen seiner Würde trägt er einen Hut mit einem
Blumensträußchen, einem weiteren Symbol des nahenden Frühlings.
Die „Säckelmeisterin" trägt aber nach altem Brauch keine Amtsinsignien.
Beiden „Säckelmeistern" stehen je ein Junge und ein Mädchen (die Zweitältesten
), die „Ufschrieber" zur Seite. In einem Büchlein tragen sie jede
Spende genau auf Mark und Pfennig ein.
Bepackt mit Rucksäcken, in dem Proviant für den langen Tag, Weckli
und Orangen verstaut sind, ziehen nun die Oberentersbacher Peterlesspringer
„durch des Großherzogs Land", wie es in dem Spruch heißt.
In jedem Hof „treten sie herein so stark und so fest" in die Stube und
grüßen mit dem Spruch „den Hausvater und seine Gäst". Dabei stehen die
Buben rechts und die Mädchen links. Langsam mit exakter Betonung wird
der Spruch aufgesagt.
Danach nehmen die Säckelmeister - getrennt für Buben und Mädchen -
das Geld (ziemlich beträchtliche Summen) entgegen.
Über zehn Kilometer bergauf, bergab müssen die Peterlesspringer in
dem weit verzweigten Oberentersbach gehen. Rund 30 Höfe werden aufgesucht
. Zu hungern und zu dursten brauchen die Kinder aber nicht. Bei den
Schwendemanns gibt's Wienerle und auf dem Eckerhof warten frische
Berliner auf die Peteriistagspringer. Bei August Riehle wird Mittag gemacht
. Das Vesper haben die Kinder mitgebracht; das Trinken stiftet der
Bauer. Gegen 15 Uhr haben die Kinder ihr letztes Ziel, die Nillhöfe, erreicht
.
Hier wird das Geld gezählt und fein säuberlich - Buben und Mädchen
für sich - verteilt. Auch die kranken Kinder - zwei konnten nicht mitspringen
- erhalten den gleichen Anteil wie die anderen. Eine nette Geste ...
Es ist schon Nacht, als die Kinder schließlich von der Nill herunter nach
Hause gehen. Für sie war es ein großes Erlebnis. Wann schon sonst noch
kommen alle zusammen, nachdem es in Oberentersbach keine gemeinsame
Schule mehr gibt?
Wagner betont auch, dass es dem letzten Lehrer der ehemaligen Oberentersbacher
Dorfschule und späteren Rektor in Offenburg, Karl Schülj, zu
verdanken sei, der diese Tradition hochgehalten hat. Übrigens, dessen Va-
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