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Peterlistag - ein Festtag für Kinder
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Zeichnungen: „Sitten und Bräuche im Laufe eines katholischen Kirchenjahres
". Sie sind eine wahre Fundgrube für einen Volkskundler!
So schreibt sie in ihren Erinnerungen über den Ursprung des Peterlispringens
: „Laut Bericht unserer Eltern und Großeltern entstammte dieses
Kinderfest einer großen Schlangenplage, weshalb man das unschuldige
Kindervolk mit einem Glöckchen um Haus und Hof schickte ... um den
bedrängten Bewohnern Glück und Segen und Abwendung dieses Übels zu
erflehen. Mit einem kleinen Almosen wurden dann die Kinder beglückt.
Dieser Brauch hat sich bis heute gehalten ..."
Später fügte sie diesem Text noch einen Nachtrag bei:
„Wie unheimlich und ungut sich oben erwähnte Schlangenplage auswirken
konnte, ist dem ausführlichen Bericht der damaligen Augenzeugen zu
entnehmen (Mitte vorletzten Jahrhunderts!). So war z. B. bei einem Gehöft
im Waldhäusertal (Gallimichele, jetzt Rauber), dessen Dung und Misthaufen
nahe am Bach und der Behausung lag, eine wahre Schlangenbrutstätte
vorzufinden. Wenn an heißen Sommertagen, durch ein unerwartetes Geräusch
aufgeschreckt, sich diese Biester in Sicherheit flüchten mussten,
dann wimmelte es geradezu von alten und jungen Schlangen, die sich bis
dato eines Sonnenbades erfreuten. Dabei geschah es auch nicht selten, daß
man solche auch im Kuhstall antreffen konnte, wo selbst sie dann die armen
Viecher damit belästigten, an ihren Schenkeln hochzuklettern, um zu
melken, falls diese sich nicht genügend zur Wehr setzen konnten. Der
Misthaufen musste schließlich verlegt und umgesetzt werden, um dadurch
die Brut, der Hauptsache nach, vernichten zu können. Ebenso hört man
heute noch erzählen von einem unheimlichen Schlangenaufenthalt im Je-
densbachtal bis in dieses Jahrhundert hinein (20. Jahrhundert).
Ähnliches weiß man von der Paulimühle und vom Gallushof usw. zu erzählen
. Somit dürfte der löbliche Brauch vom Peterlisspringen wohl berechtigt
gewesen sein."
Inzwischen sind die Schlangen im Haus, im Stall und in der Nähe des
Hauses fast überall verschwunden.
Forstamtmann Eugen Lehmann erzählte uns noch ein Jugenderlebnis
aus den Dreißigerjahren mit einer großen Schlange im Jedensbächle.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kann man nicht mehr von einer
Schlangenplage sprechen. Schon in den Dreißigerjahren hat sich in der
Landschaftskultur vieles grundlegend geändert, was die Erhaltung und die
Vermehrung dieser Tiere (Krotte un Schlonge), d. h. ihre Lebensmöglichkeiten
wesentlich eingeschränkt hat.
Viele Nassgebiete und Sumpfflächen wurden durch Drainage trockengelegt
, um im Dritten Reich die „Erzeugungsschlacht" zu gewinnen, d.h.
man wollte unabhängig vom Ausland werden zur Sicherung der Ernährung
des deutschen Volkes. Damit war schon die Grundlage gelegt für die nach
dem Krieg einsetzende Mechanisierung und Technisierung der Landwirt-
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