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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 459
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Peterlistag - ein Festtag für Kinder

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In dem Gelübde war das Versprechen der bedrohten Bevölkerung enthalten
, man werde alljährlich aus Dankbarkeit Kinder und ältere Menschen
beschenken. Als Belohnung für diese ehrenamtliche Tätigkeit des
Begleitens und der Beaufsichtigung der Kinderschar sollte der Storchen-
vater die zwei Laib Brot auf seinem Rücken bekommen und traditionsgemäß
durfte er sich am Gasthaus „Zum Storchen" mit einem Viertel „Roten
" stärken.

Seit 1543 ist dieser Brauch in Haslach verbürgt. Aus diesem Jahr
stammt nämlich eine Stadtrechnung, in der dem damaligen Storchenvater
Hans Jakob Arguin sechs Kreuzer vergütet wurden, weil er „am St. Peterstag
dem Storchen geklopfet" habe. Damit dürfte dieser Haslacher Bürger
der erste uns namentlich erwähnte Storchenvater gewesen sein.

Ansonsten haben wir wenige schriftliche Quellen über den zeitlichen
Beginn dieses alten Brauchs. Unser Zeller Heimatforscher Thomas Kopp
bringt den Peterlistag in eine zeitliche Beziehung zum Gregoriustag am
12. März, an dem an Papst Gregor, den Schutzpatron der mittelalterlichen
Schule, erinnert wird. Diese Beziehung wird auch durch eine von ihm entdeckte
Stelle in einem Oberharmersbacher Peterlispruch untermauert. Dort
heißt es: „Gän Sie uns Geld oder ebbis mehr, so halte mir fescht an Grego-
ris Lehr!" Und auch in Unterharmersbach, so hat Thomas Kopp festgestellt
, gibt es einen fast gleichen Schluss des Peterlistag-Spruches.

Aber warum spricht man vom Peterlistag und nicht vom Gregoristag?
Volkskundler kennen viele solcher „Verschiebungen", wie in unserem Fall
vom Gregoristag (12. März) auf Petri Stuhlfeier (22. Februar).

Petri Stuhlfeier erinnert daran, wie der erste Apostel als Bischof von
Rom sein Amt übernommen, d. h. den bischöflichen Stuhl oder den Stuhl
des Papstes oder den Apostolischen Stuhl bestiegen hatte und in sein Amt
eingeführt wurde. Es war in der Kirche ein sehr hohes Fest, an dem die
Kinder besondere Privilegien hatten. So wurden früher an den Klosterschulen
an diesem Tage Lehrer ihrer Ämter durch die Schüler enthoben, die sogar
über sie zu Gericht saßen. Beide Tage haben gemeinsam, dass an ihnen
an einen Papst erinnert wird.

Mit Papst Gregor I. (560-644) wird an den Oberhirten erinnert, der mit
seinen Moralvorschriften („Lehr") starke Wirkung ausübte.

Und Papst Gregor IV. war ein Freund der Schule und stiftete 830 ein
„Schulfest". Im Mittelalter hielten besonders die mittel- und süddeutschen
Schulen ihrem Patron zu Ehren Feste ab, die lange lebendig blieben. Es
gab das Gregorisingen, man machte Heischegänge mit dem Lehrer, es gab
an Pfingsten die Gregorisoldaten mit blumengeschmückten Degen.

In einer Beantwortung des 1895er Fragebogens durch den Fußbacher
Volksschullehrer Malzacher fand ich in der Beschreibung des Brauches der
„Pfingstdreckbuben" einen Hinweis auf den Heiligen Papst Gregorius,
ebenso einige Formeln aus den Peteriistagsprüchen.


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