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Hedwig Büß
Die Reichstalakten bestätigen, dass es am Gregoristag in der Reichsstadt
und in ihren Stabgemeinden üblich war, die Schulkinder zu beschenken
. Sie erhielten Spielsachen, „Bretscheln" oder einen kleinen Geldbetrag
. 1790 z. B. bekamen die 81 an diesem Tag in der Biberacher Schule
anwesenden Kinder je einen Schilling (6 Kreuzer = 12 Pfennig). Aus einer
anderen Akte erfahren wir, dass noch 1766 das „Gregorifest" in Unterentersbach
gefeiert und die Kinder beschenkt wurden: „Den Schulkindern am
Gregorifest zwei Gulden, sechs Kreuzer."
Es ist sehr schwierig, den Zusammenhang zwischen dem Fest Petri
Stuhlfeier, dem Gregorifest und dem damit verbundenen volkstümlichen
Brauchtum, dem Peterlispringen, herauszufinden.
Pater Adalbert, ein Kapuzinerpater, der in seiner Zeller Zeit im Kapuzinerkloster
sich viel mit volkskundlichen Themen beschäftigte, stellte
fest, dass man das Fest der römischen Caristia ersetzen wollte durch die so
genannte St. Peterzech. Das Wort erinnert an Essen. Es war alte heidnische
Sitte, an einem Tag zwischen dem 20. und 28. Februar Speisen und Getränke
auf die Gräber der Toten zu stellen, damit sich die Toten daran laben
können. Caristia, das Fest der Liebe, so hieß der Tag, an dem sich die Verwandten
zu einem Festmahl zu Ehren der Laren und Genien fröhlich versammelten
und alle Misshelligkeiten beilegten. Bis in die ersten christlichen
Jahrhunderte hat sich dieser Brauch in Gallien erhalten.
Ob das Apostelfest eigens eingesetzt wurde, um den heidnischen
Brauch abzuschaffen? Schon auf der Synode von Tours (567) heißt es:
„Am Tage der Thronbesteigung des Apostels Petrus legten Leute Gaben
auf den Gräbern nieder und nahmen nach der Kommunion in ihren Häusern
auch die den Dämonen geweihten Speisen ein, ein Missbrauch, dem
man begegnen wollte." Die so genannten Caristien fielen nun aber zugleich
in den Vorfrühling, da man den gefährlichen Winter vertreiben wollte. Hier
könnte eine Verbindung zu St. Peterzech, zu dem Peterlispringen und zu
den Vorfrühlingsbräuchen zu finden sein.
Hinzu kommt noch, so fährt er fort, ein anderes Motiv: In Kriegen und
Seuchenzeiten hätte immer auch das gefährliche Ungeziefer mächtig zugenommen
. Kröten und Schlangen hielten sich gerne in alten Trümmern auf
und drangen in die Ställe. Mit Lärm, Gerassel, Aussprechen von Bannworten
und Aufsagen von Drohversen sollten diese Schädlinge vertrieben werden
. In christlicher Zeit fiel nun das Bereitstellen von Speisen fort. Dafür
wurden nach einem genau festgelegten Ritus bestimmte Gebete zum
Schutz vor Gefahren und für die Verstorbenen aufgesagt. Zum Dank erhielten
die Kinder, die sich zu diesen Gebieten versammelt hatten, ein Geschenk
des Pfarrers. Bis in unsere Tage gehören also die Zusammenkunft
vor dem Pfarrhaus, das gemeinsam dort verrichtete Gebet, das Aufsagen
des Bannverses und die Geldspende zum festen Bestandteil des St. Peterlestages
. Das wäre eine mögliche Deutung.
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