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Der Willstätter Wald
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Erst wieder im Jahre 1667 trifft man auf eine Bittschrift an seine Witwe
Anna Magdalena, worin die Willstätter um den Erlass der Holzlieferung
von jährlich 300 Klafter gegen die Zahlung eines Stück Geldes baten. Man
gab zu bedenken, dass zu viele Bürger mit dem Wald nicht umgehen könnten
und die Herrschaft durch das „Abhauen" des Waldes keinen Nutzen
mehr hätte.
Die Bitte wurde der Gemeinde genehmigt. Künftig erhielten die Herrschaft
und die geistlichen Diener nur noch 100 Klafter Holz jährlich. Die
im Kaufbrief festgesetzte ungeheure Brennholzabgabe, welche hauptsächlich
in der gräflichen Ziegelscheuer Verwendung fand, vermochte der Wald
auf die Dauer neben der Abgabe von „Loosholz" für die Bürger nicht zu
tragen. Als Ausgleich an die Herrschaft sahen sich die Willstätter im Jahre
1668 gezwungen, 80 Gulden und 1669 90 Gulden an die Herrschaft zu
zahlen. Die Hoffnung, dass die gutherzige Gräfin Anna Magdalena den
Willstättern das Waldgeld erlassen würde, erfüllte sich nicht, denn 1744
zahlten sie immer noch 90 Gulden.
Die Witwe Anna Magdalena verheiratete sich mit Friedrich Casimir
und übernahm die Regentschaft bis 1685.
Obwohl die Zeit der Wiedereinlösung längst vorbei war, fand sie im
nachfolgenden Schriftwechsel keinerlei Erwähnung. Anna Magdalena ließ
sich vom Willstätter Amtmann eine Abschrift des Kaufbriefes vorlegen. Im
Begleitschreiben des Amtmanns ist aber nur von der Holzablösung über 90
Gulden die Rede. Die Wiedereinlösung nach 30 Jahren wurde geschickt
umgangen.
Die Streitigkeiten mit den Eckartsweierern über den Waidgang fanden
dagegen mehr Beachtung. 1650 beschwerten sich die Bürger von Eckartsweier
, dass die Willstätter mit fremdem Vieh den gemeinsamen Waidgang
abgrasten.
Die Willstätter wiederum wehrten sich mit nachfolgender Antwort:
„... den obschon wir in diesen Kriegsjahren hero bei ermangeldem eigenen
Vieh, bisweilen etlich frembd in das zugehörig Waid genommen, um ein billig
Waidgeld, so hätten sie doch nie ihre Berechtigung überschritten. Auch
die Eckartsweierer hätten frembd Vieh."
Auch in diesem Schreiben vom 11. Juni 1674 wurde der Wald nicht erwähnt
. Die Willstätter warfen den Eckartsweierer Bürgern vor, dass sie in
ihrem Wald an den jungen Bäumen großen Schaden anrichteten. Daraus ist
zu entnehmen, dass der Wald durch die hiesige Bürgerschaft aufgeforstet
und gehegt wurde.
Über Jahrhunderte hinweg kämpften die Bürger um ihre Lebensgrundlage
- den Wald. Immer neue Prozesse regelten das Waidrecht zwischen
Willstätt und Eckartsweier.
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