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Der Kanal, die Stadt und der Aufruhr
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Vertrag muss her. Der Erbprinz vereinbart 1748 mit Kückh einen Contract
wegen der Anlegung eines Kanals durch den gemeinschaftlichen Maiwald,
das Freystetter Feld. Diesem folgen Vereinbarungen mit Kardinal von Ro-
han und dem Markgrafen von Baden.
Kückh beabsichtigt, das dort gehauene Brenn- und Langholz auf der
Acher und dem geplanten Kanal zu flößen. Hierzu muss der Lauf der
Acher teilweise begradigt werden. Trotz schwerer Bedenken wegen der
Hochwassergefahr gibt der Markgraf Ludwig Georg von Baden seine Zustimmung
, da er sich eine gute Einnahmequelle erhofft. Die Kückhsche Gesellschaft
für das Unternehmen Freisten, Lenderswald, Kanal und Holzhandel
muss eine Kaution hinterlegen, die das Risiko abdecken soll.
Als Kückhs Pläne in den bischöflich-Straßburger Gemeinden bekannt
werden, dass der Kanal durch den Maiwald fließen soll, um auch dessen
Baumstämme zu transportieren, entwickelt sich dort ein erbitterter Widerstand
. Eine Nachricht erzürnt die Bewohner ganz fürchterlich: 2000 Bäume
sollen abgeholzt werden. Doch wie kommt man zu dieser Zahl? In den
Akten bestreiten die Behörden und die Gesellschaft diese Pläne. Es handele
sich also möglicherweise um ein Gerücht. Die 2000 Bäume werden zum
Fanal. Vielleicht ein geschickter Schachzug eines Kanalgegners, der damit
seine eigene Suppe kocht?
Wenn man die Akten und Protokolle studiert, verschwimmen die klaren
Fronten. So ist es erstaunlich, wie viele Anhörungen die Behörden ansetzen,
um ihre Pläne den betroffenen Bürgern vorzustellen. Sie suchen nach Kompromissen
. Keinesfalls sind da nur unnachgiebige Beamte am Werk. Doch
ohne Erfolg. Am 20. Juli 1748 trifft sich im Wirtshaus Krone in Renchen eine
Kommission zur Planung des Kanals. Es kommt zu keinem Beschluss,
da die anwesenden Vertreter der Maiwaldgemeinden das Projekt strikt ablehnen
. Im Juli sollte der Kanal vermessen werden, um die Planung voranzutreiben
. Die Behörden versprechen, keinem Baum ein Haar zu krümmen.
Auch wollen sie den Vorgang überwachen. Vergebens. Hartnäckig wehren
sich die Betroffenen und reißen die eingesteckten Pfähle wieder heraus.
Mitte August findet in Zabern ein Informationsgespräch mit Gemeindevertretern
statt. Ohne Erfolg. Auch der zweite Versuch einer Untersuchung am
17. September 1748 scheitert. Der Wirt Christian Hund sagt aus, wenn man
ihm einen dergleichen Canal über sein Feld mache, er seine Kugel-Büchs
holen und den nächsten über ein Hauffen schießen wolle.
Die Lage eskaliert. 200 Buben und Bauern mit Stecken in der Hand umringen
die Kanalbefürworter und bedrohen sie. Sie reißen die Pfähle des
ausgesteckten Kanals heraus und verbrennen sie in Gegenwart des anwesenden
Oberamtmanns Freiherr von Geismar. Die Menge declariert, wie
sie nimmermehr zugeben würden, einen einzigen Pfahl in dem ihnen alleinig
zugehörigen Maywald, worin niemand ihnen was zu befehlen hätte,
auszustecken.
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