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Der Kanal, die Stadt und der Aufruhr
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me, sondern 20 große, 51 mittelmäßige und 104 kleine Eichen sowie 79
Buchen geringeren Werts abgeholzt werden. Da mehrere Bauern die Zerschneidung
des Maiwaldes beklagen, regen die Behörden den Bau mehrerer
Brücken an, die Kückh bezahlen soll. Der verlorene Grund und Boden
und das gefällte Holz soll Kückh den Betroffenen finanziell ersetzen. Der
Betrag wird durch einen auswärtigen Sachverständigen geschätzt. Doch
die Gemeinden bleiben stur und lehnen dies ab.
Als nach Abreise des kaiserlichen Kommissärs die Arbeiter die Floßarbeiten
fortsetzen wollen, wird in den bischöflichen Gemeinden die Sturmglocke
geläutet. Eine große Menschenmenge strömt in den Maiwald. Sie
zündet das Magazin mit Handwerksgeschirr an und wirft den Kanal auf
300 Meter wieder zu, zerstört Schleusen und reißt Faschinen heraus. Die
Wut der erbosten Bevölkerung richtet sich auch gegen die Arbeiter. Sie setzen
deren Hütten samt Vorrat und Kleidung in Brand. Am 2. August 1749
rücken 400 Soldaten ein. Die aufrührerischen Gemeinden müssen 13 000
Gulden Strafe zahlen. Der Haupträdelsführer, der Waldulmer Pfarrer Franziskus
Antonius Glöckler, wird festgenommen.
Der nächste rechtliche Versuch lässt nicht lange auf sich warten. Am
6. September 1749 appellieren die Dörfer an den Reichshofrat von Wien,
der schließlich die Aufhebung der Baustelle anordnet, so lange, bis die kaiserlich
-königlichen Behörden eine Entscheidung gesprochen haben. Der
Feldmarschall Leutnant Graf von Harrsch begibt sich am 28. Juni 1750
nach Freistett, um sich sachkundig zu machen. In den Akten im GLA ist
sein ausführliches Protokoll vom 18. Juli 1750 überliefert. Er befasst sich
ausführlich mit den Einwendungen der protestierenden Dörfern, u. a. auch
mit der Frage der Überschwemmungen und des Holzmangels. Harrsch
schließt sich der Kückschen Argumentation an. Vielleicht wird ihm das Urteil
versüßt. Hat man ihn doch zuvor mit einem großartigen Empfang mit
Böllerschüssen und einem wohl üppigen Abendessen begleitet, an dem
auch andere Handelsleute aus Straßburg anwesend waren. Das Epizentrum
des Aufruhrs Renchen, wo die Kanalgegner auf eine Aussprache warten,
besucht er jedenfalls nicht.
Als die Kücksche Kompanie nach dem für sie positiven Urteil mit der
Flößerei fortfahren wollen, bricht der nächste Aufstand aus.
Die Menge schreit: Das Ding, gemeint war das kaiserliche Dekret, ist
nicht vom Kaiser ... Hol Kückhen der Teufel. Eine Woche später versammeln
sich nach dem Läuten der Sturmglocke viel hundert Männer und Weiber
, Jung und Alt, aus den Gerichten Renchen und Ulm sowie aus der Gemeinde
Waldulm mit Äxten, Schaufeln und Hauen. Sie gehen auf die Arbeiter
los. Einem Arbeiter reißen sie die Stiefel von den Füßen und drohen
ihm die Füße abzuhauen.
Fünf Personen aus Renchen, wovon zwei mit Schießgewehren bewaffnet
sind, überfallen Anna Magdalena Friedmännin von Gambshurst, so Eß-
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