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Wolfram Hedemann
werden, einer eventuellen besonderen Herkunft des Saatgutes bzw. des
Pflanzenmaterials nachzugehen. Aus den Aufzeichnungen der Jahre 1896
bis 1910 lässt sich lediglich ermitteln, dass das Saatgut von der Firma Keller
in Darmstadt bezogen wurde. Auch ist bekannt, dass in den letzten Jahren
dieses Jahrhunderts große Mengen an Stieleichensaatgut aus der Österreich
-ungarischen Monarchie nach Deutschland eingeführt wurden. Speziell
aus Slawonien sollen häufig Eicheln nach Deutschland eingeführt
worden sein. Erst mit der dringenden Empfehlung des Deutschen Forstvereins
und des Deutschen Forstwirtschaftsrates von 1906, kein ausländisches
Saatgut mehr einzuführen, hörten die Importe von Saatgut aus dem Ausland
auf.
Die Stieleichen aus Slawonien besitzen eine hervorragende Stammform,
welche andere Stieleichenrassen weit übertrifft. Ihre Aststellung ist steiler
als die herkömmlicher Stieleichenbestände, auch sind sie besonders wip-
felschäftig. Der Besatz an Wasserreisern" ist meist geringer als der vergleichbarer
anderer Stieleichenherkünfte. Das Holz ist hellgelb und mild
und die durchschnittliche Splintstärke ist ebenfalls geringer als bei anderen
Stieleichenherkünften. Unter den slawonischen Stieleichen bildet die Späteiche
eine besondere Standortsrasse, welche 2 bis 3 Wochen später als die
sonstigen Stieleichen austreibt. Diesem Umstand verdankt sie, dass sie
meist dem Wicklerfraß entgeht, da der Eichenwickler an den Zyklus des
normalen Stieleichenaustriebes angepasst ist. Dank dieser Verschiebung im
Austreiben und damit dem Verschontbleiben ihrer Knospen behält die Späteiche
ihren Gipfeltrieb und nützt ihre Anlage zur Geradschaftigkeit voll
aus. Diese Zuwachstüchtigkeit in Verbindung mit der Geradschaftigkeit
zeichnet die slawonische Stieleiche wie auch die Späteiche besonders aus.
Einige dieser Merkmale treffen auf den hier untersuchten Bestand in
1/24 exakt zu. Die Geradschaftigkeit wurde, wie schon beschrieben, in der
Jugendphase des Bestandes erkannt und ist auch heute noch zu bestätigen.
Die steile Aststellung mag zum Teil durch den engen Aufwuchs bedingt
sein, sie ist als ein sehr dominantes Merkmal auch heute noch zu erkennen,
ebenso die Wipfelschäftigkeit. Der Wasserreiserbesatz ist gering. Diese
Aussage muss jedoch mit Vorsicht gewertet werden, da der Bestand bis
1980 sehr dicht geschlossen aufwuchs. Eine rötliche Färbung der Rinde am
unteren Stammteil ist bei einigen, herrschenden Individuen zu erkennen.
Die Werte der Versuchsfläche in Oberkirch liegen sehr dicht bei denen
der Späteiche aus Slawonien. Sowohl die Späteichen als auch die Eichen
aus Oberkirch sind im Höhenwuchs und der Massenleistung der normalen
' Stieleiche überlegen".12
Damit könnte eigentlich alles gesagt sein. Aber die Informationen und
wissenschaftlichen Arbeiten ziehen sich bis in die Jetzt-Zeit, weil die Natur
eine unendliche Bandbreite von Möglichkeiten negativer Auswirkungen
auf die Eiche finden kann. „Die Eiche kann durch Fraßschäden in Kombi-
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