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Manfred Merker
am 24.09.1688 dessen Kriegserklärung an das Reich. Der nun folgende
präventive Blitzkrieg der französischen Armeen zum Selbstschutz und für
„securite et gloire" gegen die angebliche Aggression des Kaisers traf die
Reichsstädte im deutschen Südwesten völlig unvorbereitet und mit einer
Wucht, die auf Hunderten von Kilometern längs des Rheins eine „terra us-
ta" hinterließ.
Für Offenburg bedeutete dieser Vernichtungskrieg eine erneute, neunjährige
Leidenszeit. Innerhalb eines Monats wurden die ganze Pfalz und
das gesamte rechtsrheinische Gebiet von Heidelberg bis Freiburg französisch
besetzt. Am 04.10.1688 kapitulierte Offenburg vor den Franzosen,
musste 33 Kompanien Infanterie und Kavallerie über den Winter einquartieren
und wurde zum militärischen Stützpunkt des französischen Heeres
am mittleren Oberrhein. Im Klartext bedeutete dies für die bereits 40 Jahre
zuvor im 30-jährigen Krieg beinahe ausgeblutete Stadt eine echte Katastrophe
. Eine Bittschrift des Rates der Stadt an den Kaiser klagt über Plünderungen
, Misshandlungen, hemmungslose Übergriffe der Soldaten und unerfüllbare
Geldforderungen. Das Zeughaus wurde ausgeraubt, 18 Geschütze
, 9000 Kugeln und 150 Zentner Pulver wurden nach Straßburg geschafft,
alle Gewehre der Bürger konfisziert, tausende Eichen im Stadtwald wurden
gefällt. Danach wurden alle Festungsanlagen „rasiert", die Mauern, Türme
und Bollwerke in die Luft gesprengt. Viele Bürger verließen aus Hunger
die Stadt und irrten in den Weingärten und Feldern herum.
Der Kaiser konnte nach Absicherung der Türkenfront in Ungarn die
Franzosen am Rhein zurückdrängen. Ludwig XIV. gab 1688 den Befehl
zum Rückzug. Hierbei sollten durch „Entfestigung" der Städte und Flächenverwüstungen
des Umlandes dem Kaiser die Stützpunkte, die Ernährungsbasis
und die Winterquartiere genommen werden. Dieser Rückzug
entartete 1689 zu einer erbarmungslosen Vernichtung des gesamten deutschen
Südwestens. Er schockiert heute noch den Historiker durch seine bis
dahin einmalige Totalität und Radikalität. Offenburg war in einer schrecklichen
Weise von diesem staatlich angeordneten terroristischen Zerstörungskrieg
betroffen und konnte wie Pforzheim, Mannheim, Speyer, Heidelberg
und das Hambacher Schloss der völligen Zerstörung nicht entgehen
. Von Bruchsal aus marschierten die Franzosen in ihrem Schreckensfeldzug
langsam rheinabwärts Richtung Offenburg. Sie zerstörten dabei
große Teile der fruchtbaren Landschaft, plünderten und verbrannten alle
menschlichen Siedlungen und hinterließen ein von Unheil und Leid gezeichnetes
Land.
Das Schreckensjahr 1689 und der Offenburger Stadtbrand
Ende Februar 1689 war endlich die französische Besatzung nach qualvollen
Wintermonaten aus der Stadt abgezogen. Offenburg nahm im Sommer
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