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Marlin Ruch
wandert, eine Entwicklung, die sich
im Allgemeinen so ergeben hat. Das
ist in anderen Dörfern das gleiche.
Auch im Elsass ist es das gleiche
Phänomen, dass in Dörfern, in denen
früher viele Juden lebten, heute ebenfalls
keine Juden mehr sind. Ich weiß
also nicht, ob es heute noch Juden in
Diersburg gäbe, Rentner vielleicht,
so jemand wie mich, der sich hierher
zurückgezogen hätte, weil er ein
Haus von den Eltern bewohnte. Aber
normalerweise? Ich weiß nicht, ob es
heute noch Juden gegeben hätte.
(Talstr. 33) Hier war, ebenfalls
vor 1933, eine jüdische Metzgerei.
Aber schon zu meiner Kinderzeit hat
der Mann schon nicht mehr die
Metzgerei ausgeübt. Erstens war er
zu alt, zweitens waren zu wenige
Kunden da. Dort oben gab es auch
noch eine Metzgerei und auch noch
bei der Linde. Und so hat man abwechselnd
eine Kuh oder ein Kalb
nach jüdischer Art getötet. Und die
Leute sind dann abwechselnd zu dem oder jenem Metzger, um dort
Fleisch, koscheres Fleisch zu kaufen. Das war also schon in den Jahren
1920-30, dass kein jüdischer Metzger mehr hier war. Aber es gab doch
noch die Möglichkeit, koscheres Fleisch zu kaufen. Der Metzger hieß Meir
Kahn. In diesem Haus und dem Haus dort unten lebten zwei Familien. Der
hier war der ,Dottermeier', warum, weiß ich nicht, der andere (unten) war
der MeirMeier, denn beide hatten den Vornamen Meir.
(Talstraße, etwas oberhalb Haus 33 andere Seite bachaufwärts)
Hier war die Mikwe, die jetzt weggekommen ist. Vor einigen Jahren
war sie noch hier, da steht heute ein Wohnhaus. Diese Texttafel war oben
an der Mikwe, es ist eine Übersetzung darunter. Ein Badehaus besonders
für Frauen, nachdem sie unwohl waren, das ist von der Religion vorgeschrieben
."
Wie war das Verhältnis zu den Nachbarn?
„Das Verhältnis war gut. Die Leute vor 1933 waren hier gemeinsam alt geworden
. Die hier gewohnt haben, waren schon hier geboren, waren schon
Im Rathaus erinnern drei Glasfenster
an die Diersburger Glaubensgemeinschaften
. Das Bild der „Israelitischen
Gemeinde Diersburg" von 1928 zeigt
den Davidstern und zwei Löwen, die
die Gesetzestafeln tragen.
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