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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 78
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Dieter Kauß

am Ostersonntag28 eine Renaissance. Man holte sie vom Dach und trug sie
dreimal ums Haus. Danach befestigte man sie am Dachfirst oder im Herrgottswinkel
, wo sie Schutz und Geborgenheit gegen Unwetter, Blitz und
Krankheit garantierten.

//. Die Schnecke, nicht der Hase ist der Christen Ostertier29

Bei den Erörterungen über das Osterei haben wir dieses als Symbol für die
Auferstehung kennen gelernt. In diesem Zusammenhang gab es den Volksspruch30
in unserer Gegend:

- Wie der Vogel aus dem Ei gekrochen
Hat Jesus Christus das Grab zerbrochen.

Dieser Vergleich gilt auch für ein anderes Tier, nämlich die Weinbergschnecke
. Man kann in der Natur die Beobachtung machen, dass die Weinbergschnecke
im Spätherbst ihr Schneckenhaus mit einem Deckel schließt,
um sich vor Kälte zu schützen. Sobald die Märzsonne im Frühjahr Wärme
in ihr Versteck bringt, sprengt sie diese „Tür" und bricht heraus.

Christen sehen darin eine Parallele zur Auferstehung und zur Ostergeschichte
. In der Karolingerzeit findet sich die Schnecke als Grabbeigabe;
im 12. Jahrhundert ist sie für Bari belegt. Im Bamberger Dom ziert sie das
im Jahre 1492 geschaffene Hochgrab von Kaiser Heinrich II.31

Für die menschliche Allgemeinheit galt die Schnecke zunächst als Symbol
für Langsamkeit und Feigheit (13./14. Jahrhundert). Im 15. Jahrhundert
wandelten sich ihr Image und ihre Bedeutung ins Positive. Die ihr Haus
tragende Weinbergschnecke wird zum Zeichen der Zufriedenheit, der inneren
Einkehr, der Selbsterkenntnis, Klugheit und Vorsicht.

In der Kunst und in den Kirchen sind Weinbergschnecken gar nicht so
selten. Sie tauchen überall dort auf, wo Leiden und Sterben Jesu in Szene
gesetzt wurden.

1. Das eindrucksvollste Beispiel ist wohl in der Sebalduskirche in Nürnberg
zu sehen, an einem Sarkophag, der 1489 in Auftrag gegeben und
1519 vollendet wurde. Dieser Sarg, der zugleich einen Reliquienschrein
des Hl. Sebaldus32, des Stadtheiligen von Nürnberg darstellt, wird von
vier Delphinen und 12 Schnecken getragen. Die Schnecken sind sehr individuell
gestaltet. Keine gleicht der anderen. Jede trägt als Symbol der
Auferstehung, als Verkörperung der Klugheit und Bedächtigkeit mit an
der Ruhestätte für den Toten, den Nürnberger Stadtheiligen Sebaldus,
nach der Legende ein dänischer Königssohn, der den Franken das
Christentum gebracht hatte. Die Delphine waren schon in der frühchristlichen
Kunst, besonders in den Katakomben, Symbole für Christus.


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