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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 142
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Uwe Schellinger

Die Bücher aus dem früheren Besitz der Familie Weill sind vermutlich
über den früheren Kippenheimer Ortspfarrer Johannes Hess in die Pfarrei
Heilige Dreifaltigkeit nach Offenburg gelangt, wo dieser nach seiner Kippenheimer
Zeit amtierte. Im dortigen Pfarrhaus wurden sie in den 1990er-
Jahren in einem Schrank auf dem Dachboden wiederentdeckt und danach
dem Vorsitzenden des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises Südlicher Oberrhein
e. V. (D.I.A.), Robert Krais, übergeben.46 Die Bücher konnten daraufhin
1999 in der Ausstellung Was blieb - Spuren jüdischen Lebens in
der Ortenau in der Ehemaligen Synagoge Kippenheim gezeigt werden.47
Bald nach Ausstellungsende wurde die fragmentarische Sammlung allerdings
wieder auseinander gerissen. Die fünf Gebetbücher (Machsorim) für
die Feiertage Pessach, Rosch haSchana und Sukkoth wurden als Dauerleihgabe
dem ,Haus der Geschichte Baden-Württemberg' in Stuttgart zur Verfügung
gestellt und sind in der dortigen Dauerausstellung zu sehen 48 Zwei
Bücher aus der Sammlung konnten 1999 Hans Weill (1919-2000), dem
Sohn von Fritz und Ciaire Weill, anlässlich seines achtzigsten Geburtstages
zurückgegeben werden. Dieser starb allerdings nur kurze Zeit danach.49
Die restlichen acht Bücher aus der Sammlung, darunter mit den drei Gebetbüchern
aus dem Kontext der Chewra Kadischa die letzten objekthaften
Zeugnisse dieser religiösen Institution, befinden sich hingegen noch immer
in der Obhut des ehemaligen D.I.A.-Vorsitzenden Robert Krais.50

Fazit und Ausblick

Die Betrachtung einer sozialen Institution, wie sie die Chewra Kadischa im
Gefüge der jüdischen Gemeinden darstellt, erscheint ohne die konkrete Betrachtung
der institutionstragenden Personenkreise defizitär. Religiöse Gebräuche
und Praktiken können nicht von den ausführenden Personen getrennt
betrachtet werden, schon gar nicht, wenn es sich um maßgebende Positionen
innerhalb der Kehilla, der jüdischen Religionsgemeinde, handelt.
Hier besteht eindeutiger Forschungsbedarf: für kaum eine jüdische Gemeinde
der Ortenau ist Näheres über die jeweiligen Kantoren und Vorbeter, die
Religionslehrer, die Beschneider und Schächter, die Leiter der Chewrot Ke-
dischot, die Synagogendiener oder auch das Ehrenamt der Schofar-Bläser
bekannt.51 Für Kippenheim kann zumindest belegt werden, dass die Geschicke
der ehrenwerten Beerdigungsbruderschaft lange Jahre in der Verantwortung
einer einzigen Familie - der Unternehmerfamilie Weill - lagen. Dabei
ist in diesem Fall quellenmäßig nicht mehr nachvollziehbar, in welcher
Weise oder mit welcher religiösen Grundtendenz - orthodox, konservativ
oder gar liberal - sie ihre Funktion ausfüllten. Zur vermuten ist, dass die
Leitung der Beerdigungsbruderschaft auf dem beträchtlichen Sozialprestige
dieser Familie fußte, dieses aber gleichzeitig wiederum potenzierte. Ob sich
für eine solche Verbindung von Familiengeschichte und Religionsgeschich-


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