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Ingrid Hahn
Zum Gottesdienst an Karfreitag trug man ebenfalls schwarz. Nachmittags
traf man sich zum gemeinsamen Spaziergang in den Gottswald.
Bis in die frühen 1960er-Jahre gab es den „Ersten Sonntagsrock", der an
Ostern Premiere hatte. In jener Zeit sprach man nicht von einem Kleid,
sondern von einem Rock. (Den eigentlichen Rock nannte man „Unterstock
.")
Einzug des neuen Pfarrers
Bei der Neubesetzung der Pfarrstelle wurde der neue Pfarrer mit der
„Schees oder Bräk" von einem Willstätter Gemeindeglied am Legelshur-
ster Bahnhof abgeholt. Vor dem Dorf warteten die Späher, bis die Schees
mit dem Gast zu sehen war.
Sofort wurde zur Kirche geeilt und Meldung gemacht, dass der Pfarrer
in das Dorf einfährt und mit dem Läuten begonnen werden kann.
Im Jahre 1923 holte Hans Pfotzer Pfarrer Hugo Batz mit der Bräk am
Legelshurster Bahnhof ab. Die Schulkinder von der 1. bis zur 8. Klasse
standen von der Kirche bis zum Pfarrhaus Spalier, um dem neuen Pfarrer
„Ehre" zu erweisen.
Auf der Treppe des Pfarrhauses wurde er von einem Kirchengemeinde-
rat empfangen und ihm der Schlüssel für das neue Heim übergeben. Pfarrer
Hugo Batz wirkte von 1923 bis 1957 in Willstätt.
Weit weniger komfortabel wurde am 16. Oktober 1957 sein Nachfolger
Pfarrer Ernst Cleiß in seiner neuen Kirchengemeinde empfangen. Es standen
auch keine Schüler Spalier. Von Heidelberg kommend stieg Pfarrer
Cleiß in Appenweier aus und hoffte auf eine Busverbindung nach Willstätt.
Weil im Anschluss kein Bus nach Willstätt fuhr, machte sich Pfarrer Cleiß
zu Fuß auf den Weg zu seiner neuen Wirkungsstätte. Mit dem Kirchen-
gemeinderat Lemke traf er sich in dessen Wohnung. Lemke informierte
durch einen Boten den damaligen Kirchendiener, dass mit dem Glockengeläut
begonnen werden kann. Lemke begleitete den neuen Ortsgeistlichen
unter dem Klang der Glocken zum Pfarrhaus.
Weil das Pfarrhaus bei seiner Ankunft gerade renoviert wurde, musste
Pfarrer Cleiß zwei Monate im Gasthaus Adler wohnen. Seine Familie folgte
ihm am 10.12.1957.
Jugendsonntag
Im Juni feierten die Schulkinder den Jugendsonntag, der von Pfarrer Batz
eingeführt wurde.
Die Mädchen suchten Gänseblümchen (Zitterresle) auf den Wiesen und
fertigten sich ein Haarkränzchen. Die Buben steckten sich einen kleinen
Strauß in die Jackenbrusttasche oder ins Knopfloch.
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