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Bräuche, Sitten und Traditionen aus dem einstigen Flecken Willstätt
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„Rossbolle sammle" war keine beliebte Kinderarbeit. Die Kinder genierten
sich deswegen.
Meerrettichfrau
Bis in die frühen 1980er-Jahre kamen im Herbst Frauen aus Urloffen mit
dem Rad in die nähere Umgebung, um ihren Meerrettich zu verkaufen. Sie
gingen von Haus zu Haus und boten die scharfe Wurzel an. Erfahrene
Hausfrauen kratzten den Meerrettich an, um festzustellen, dass er innen
weiß ist.
Es konnte vorkommen, dass die Wurzel alt und innen braun war. Meistens
schnitten die Frauen von der Wurzel ein Stückchen ab, um zu zeigen,
dass ihre Ware einwandfrei ist.
Den Meerrettich auf einer Reibe zu schaben, war eine sehr tränenreiche
Angelegenheit. Jedes Familienmitglied versuchte sich vor dieser Arbeit zu
drücken.
Wurde die Wurzel nicht sofort verwendet, grub man sie im Garten in die
Erde (einschlagen), um sie frisch zu halten. Es kam öfters vor, dass der
Meerrettich vergessen oder nicht mehr gefunden wurde.
Meerrettichsoße, gekochtes Rindfleisch und Rahnensalat, waren früher
bei Hochzeiten die Vorspeise.
Urloffen ist als Meerrettich-Dorf bekannt.
Seit vielen Jahren wird der Meerrettich fix und fertig gerieben in Gläsern
im Supermarkt verkauft.
Ereignisse auf der Kinzig und der Hanfrötze
Unsere Kinzig war in besonders strengen Wintermonaten wochenlang zugefroren
. Das war Freude pur für die Kinder und Jugendlichen. Einige Privilegierte
besaßen Schlittschuhe. Die meisten Kinder jedoch rutschten einfach
auf dem Eis hin und her. Wer einen Schlitten besaß, schob ihn an,
setzte sich schnell drauf und konnte eine große Strecke mit dem Schlitten
auf dem Eis dahingleiten. Oder mehrere Kinder benutzten gemeinsam einen
Schlitten.
Am besten zu nutzen war die Eisfläche bei „s'Blechhanse".
In die Mitte der Eisfläche wurde ein Balken gerammt und Seile daran
festgebunden. So konnten sich die Kinder und Erwachsenen wie auf einem
Karussell im Kreise drehen.
Der „Tanz auf dem Eis" war ein besonderes Erlebnis. Zu den Klängen
einer Musikkapelle tanzten unzählige Paare auf dem Eis.
Auf der Amtsmatt verkaufte Bäcker Schadt Kaffee und Kuchen. Gegenüber
im Kling wartete Karl Ferber mit heißen Würstchen und Getränken
auf.
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