http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0199
Ein vergessener Brauch: Schülerpostkarten vom Gymnasium Euenheim
199
fahrtskapelle oben auf dem Kahlenberg angedeutet wurde. Am rechten
Ufer des imaginären Gewässers stellen sich die Abiturienten des Jahrgangs
1901 als vor Freude tollende Maulesel dar: „Die ersten Muli Etten-
heim's". Sie sind keine „Frösche" mehr, wie die Schüler noch vor der Abschlussprüfung
bezeichnet werden. Selbst der Herr Professor mit Zylinder
wird als Frosch-Lehrer dargestellt. Er scheint mit dem Ergebnis seiner pädagogischen
Arbeit zufrieden zu sein. Vor der Prüfung mussten sich die
Frösche mühsam bis zum Ende der Säule, der Oberprima, hocharbeiten.
Von der Plattform stürzten sie sich dann ins kalte Wasser der Abiturprüfung
und strebten dann schwimmend als Muli einem neuen Ufer entgegen
. Ihr hehres Ziel steht oben auf dem Berg, das von der Sonne beschienene
Elysium, jener Ort, der in der griechischen Mythologie für den antiken
Helden, der Außergewöhnliches geleistet hatte, bestimmt war. Zugleich
symbolisiert der griechische Tempel die „Academia", die Hohe
Schule oder Universität, die mit dem Ausruf „Vivat Academia!" stolz und
freudig begrüßt wird.
In der Studentensprache bezeichnete das lateinische Wort mulus, auf
deutsch Maulesel, den Abiturienten, der die Prüfung bestanden hat und
nun im Begriff ist, sein Schülerdasein gegen das eines Studenten einzutauschen
. Er ist nicht mehr Schüler und noch nicht Student, so wie ja der
Maulesel weder Pferd noch Esel ist. Wenn er sich dann im ersten Semester
an der Universität einer Studentenverbindung anschließt, wird er als
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0199