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Friedel Scheer-Nahor
Lange Zeit wollte Inge Auerbacher die Erinnerung an die schreckliche
Zeit im Konzentrationslager Theresienstadt so gut es ging ausschließen.
Erst im Jahr 1966, als sie in einer Fernsehsendung eine Überlebende von
Theresienstadt sah, die mit ihrer Tochter zurückkam, um ihr zu zeigen, wo
sie als Kind inhaftiert war, meldete sich auch bei Inge Auerbacher die Bereitschaft
, sich mit diesem dunklen Kapitel ihrer Kindheit auseinanderzusetzen
. Sie fuhr nach Deutschland, besuchte Jebenhausen und Kippenheim
und fuhr auch nach Theresienstadt, um sich mit dem Ort ihres Drangsais
zu konfrontieren. Da reifte bei ihr ein Entschluss, den sie in ihrem Buch
„Jenseits des gelben Sterns"6 so beschreibt: Als ich vor den Öfen stand, in
denen Tausende von toten Körpern verbrannt worden waren, wurde mir
bewusst, welch große Verantwortung ich hatte. Mein Leben durfte nicht
vergebens sein. Es war nun vielmehr meine Pflicht, meine Stimme gegen
Vorurteile zu erheben und zukünftig im Namen der vielen unschuldigen
Opfer, die ich repräsentieren musste, eine Laufbahn einzuschlagen, die mit
größeren Herausforderungen verbunden und von höherer Bedeutung war.
Mit ihrem Jugendbuch „I am a Star"7, das mittlerweile in acht Sprachen
übersetzt wurde, gelang ihr ein entscheidender Schritt in dieser Bemühung.
Seit dessen Veröffentlichung ist sie als Botschafterin und Zeitzeugin auf
der ganzen Welt gefragt. Fast ihre gesamte Freizeit widmet sie seitdem
Vorträgen in Schulen, Universitäten, Kirchen, Synagogen, Bibliotheken
und anderen öffentlichen Einrichtungen. Sie glaubt fest daran, dass nur
durch Brüderlichkeit und Bildung Geschehnisse wie die zur Zeit des Holocausts
vermieden werden können.8
Auch in der Region Freiburg ist Inge Auerbacher immer wieder zu Gast.
Bei einer solchen Gelegenheit ergab sich die Möglichkeit, sie zu einem
Interview in die Räume des Arbeitsbereiches Badisches Wörterbuch in die
Universität Freiburg einzuladen. In Gegenwart des Leiters der Einrichtung,
Dr. Rudolf Post, und seiner Mitarbeiterin, Friedel Scheer-Nahor, gab sie
bereitwillig Auskunft über Wörter, die ihrer Meinung nach dem Jüdischdeutschen
zuzurechnen sind. In der Regel handelte es sich hierbei um Wörter
, die auf einen hebräischen Ursprung zurückgehen.
Daneben konnten aber auch dialektale Merkmale in ihrer Sprache verzeichnet
werden. Im Vergleich zur Standardsprache ist bei ihr bei vielen
Wörtern die e-Apokope auszumachen, denn sie sagt Loit ,Leute', hoit
,heute', böös ,böse', Schul,Schule' und Seif,Seife'. Dies ist eine dialektale
Eigenheit, die sowohl für Kippenheim als auch für Jebenhausen Gültigkeit
hat. Außerdem ist bei ihr ^-Entrundung festzustellen: Sie sagt Brüder
, Brüder' und finf, fünf, während sie jedoch ö und äu/eu wie in der Standardsprache
ausspricht, wie die Worte Loit ,Leute', Hoisle ,Häuschen'
und böös ,böse' belegen. Eindeutige alemannische Einflüsse, wie sie aus
Kippenheim zu erwarten wären, sind bei Inge Auerbacher jedoch nicht zu
finden. So sagt sie liib, guut, Brüder und nicht liäb, guet, Briäder wie es
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