http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0464
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Wolf gang Stengele
weitere Bereiche in der Natur erstrecken, sodass ein ganzes Ökosystem
wie ein Kartenhaus zusammenstürzen kann oder eben wie eine Reihe Dominosteine
.
Aber auch die Tierwelt ist in der Lage, Veränderungen der Flora zu verursachen
, z. B. durch Überweidung (Insekten, Nacktschnecken, Wild). Die
größten Veränderungen verursachte in den vergangenen Jahrhunderten jedoch
der Mensch durch die verschiedensten Nutzungsformen der Natur,
teilweise erfolgten aber auch Bereicherungen durch eine schonende und
sehr differenzierte Landwirtschaft. Heute jedoch wirkt die Übersiedlung,
die Umweltvergiftung, die Monokulturen der Land- und Forstwirtschaft,
der unersättliche Flächenverbrauch und auch die Globalisierung der Märkte
für sehr schnelle und sehr gefährliche Veränderungen in der Natur, wie
sie bisher in unserem kleinen Mitteleuropa, in dem rd. 200 Menschen/km2
leben, unbekannt waren.
Man gewöhnt sich sehr schnell an diese zumeist nachteiligen Veränderungen
und vergisst, wie es noch vor wenigen Jahren war. Deshalb sollen
hier die Veränderungen in der Natur innerhalb der letzten Jahre, mit
Schwerpunkt hier im Südwesten, aufgezeigt werden, bevor man alles vergisst
, alles als gegeben hinnimmt.
Vor 50 Jahren lebten in BW rd. 5 Millionen Menschen. Heute, noch
kein Menschenalter später, sind es 10 Millionen und der Druck wächst
weiter, trotz des Geburtenrückgangs bei der deutschen Bevölkerung.
Vor 50 Jahren hätte man eine breite Autobahn durch das Achertal bauen
können. Luftbilder aus dem Jahr 1952 belegen dies. Heute, 50 Jahre später,
war es fast unmöglich, bei Kappelrodeck auch nur eine schmale Trasse für
eine Umgehungsstraße zu finden, denn das ganze Tal war zwischenzeitlich
durch ausufernde Siedlungen blockiert.
Dies soll hier nur erwähnt werden, um den Druck des Menschen auf die
Natur zu veranschaulichen.
Mehr als 11 ha Land wurden in BW 2002 noch täglich verbaut, trotz der
gegenläufigen Bemühungen der Natur schütz verbände.
Dazu kam die fortschreitende Industrialisierung, die „Landwirtschaftliche
Revolution", die totale Motorisierung des Verkehrs und die Umstellung
der Heizungen auf Öl.
Vor Jahren musste die Mutter uns Kindern fast täglich mit ihrem Taschentuch
irgendein Insekt aus dem Auge wischen.
Zu dieser Zeit war die Luft vom Frühjahr bis zum Herbst von einem
Schleier Insekten verhangen.
Wenn Saison war, sammelten wir kiloweise Maikäfer als Hühnerfutter.
Aber ist es nicht grausamer, wenn man heute die Reste einer damals
noch zu Miriaden vorhandenen Insektenwelt Nacht für Nacht immer und
immer wieder bis zum Erschöpfungstod gegen die nächtliche Straßenbeleuchtung
fliegen lässt.
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