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Dramatische Veränderungen in der Natur in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
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Das einzige Ereignis, an dem die Bevölkerung passioniert teilgenommen
hat, ist das Waldsterben, eine Folge der Luftverschmutzung.
Bäume sind die größten sichtbaren Lebewesen der Erde. Sie werden
auch am ältesten. An ihnen konnte deshalb die Erkrankung am ehesten und
am deutlichsten erkannt werden.
Die folgenden Vorgänge beziehen sich auf den Westabhang von Schliffkopf
und Hornisgrinde. Das Waldsterben begann dort bereits vor 40 Jahren
, als auf den hochgelegenen Grenzertragslagen der Landwirtschaft die
alten Kirschbäume abstarben.
Fast gleichzeitig - Mitte der 60er-Jahre starben auf den mageren Sandsteinstandorten
oberhalb von 900 m die alten Tannen in einem sehr kurzen
Zeitraum von nur ca. 4 Jahren ab.
Dies alles wurde noch als natürlicher, wenn auch zu rasch erfolgender
Vorgang betrachtet. Unmittelbar darauf starben oberhalb von 700 m alle
Forlen-Überhälter ab, d. h. bis Mitte der 70er waren alle alten Kiefern, die
noch eine weitere Waldgeneration überleben sollten, bereits tot, auch die
auf den nährstoffreicheren Granit Standorten.
Ein unerklärliches Absterben der Wipfel zwischenständiger, mittelalter
Tannen, die so dringend für den Auf- und Umbau der Bestände zur Umstellung
auf einen höheren Tannenanteil benötigt wurden, begann unmittelbar
anschließend.
Zeitgleich wurden die ersten Nadelverätzungen an der Fichte sichtbar, der
Beginn einer großflächigen Erkrankung der Fichte mit Schwerpunkt 700 m
(Inversionsgrenze) und 900-1000 m und überall dort, wo Licht, Wärme,
Nährstoffe und Wasser Mangelware sind. Später, ab ca. 1980, erkrankten
Buche und Eiche, jedoch nicht im selben Maß wie die Nadelhölzer.
Jetzt jedoch begann eine Hysterie. Prognosen sagten den Tod des gesamten
Bergwaldes innerhalb von 5 Jahren voraus. Es kam glücklicherweise
nicht so schlimm.
Wir haben es unserem alten Landwirtschaftsminister Weiser zu verdanken
, dass seit fast mehr als 20 Jahren Mittel für Düngungen zur Pufferung
des Säureeintrags auf Waldböden zur Verfügung stehen. Dies war eine wirkungsvolle
Behandlung des Patienten, leider keine Beseitigung der Ursachen
.
Zwischenzeitlich waren jedoch Maßnahmen im Bereich der Gesetze
und Verordnungen erlassen worden, die die Situation entspannten, u. a. die
Großfeuerungsanlagenverordnung und die Einführung des Katalysators.
Die Schwefelemission sank auf die Hälfte, was sich augenblicklich an
den wieder häufiger wachsenden Pilzen zeigte. Zur schlimmsten Zeit lag
die Versauerung der Böden stellenweise bei 2,2 Ph, einem Säuregrad, der
dem der Essigsäure entspricht. Unser Gebiet war besonders hart betroffen.
Wir haben auf dem Buntsandstein die ärmsten Böden des Landes, dort
fehlt es auch trotz hoher Niederschläge an Wasser und auf den Hochlagen
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