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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 488
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Marlon Poggio

widersprechen seiner Erklärung bei der Entnazifizierung, sein Einsatz für
die Jugend in Heidelberg47 habe seinen „politische [n] Jugendideale [n]"48
entsprochen.

Kulturfaktor Technik - Ästhetisch gegen das „System von Weimar"

Wir lehnen rechts u. links am Körper des Teufelskäfers, seine Augen
durchschweifen den Raum, der unsere ,Front' ist. Wo aus u. inmitten
von Wust und Trümmern Neues geschaffen wird [...] Werkzeuge, Eisenteile
, Kisten, eine Sauerstoffstahlflasche, dreckige Arbeitskleider
am alten He. Sa. Pressluft MG hängend.49

Wenn Wankel seine technische Entwicklung, den Teufelskäfer, personifizierend
als „Körper" mit „Augen" und den Ort, an dem jene hergestellt
wird, metaphorisch als „Front" bezeichnet, unternimmt er den Versuch, die
technische Waffe gleichsam zu ästhetisieren und erhebt ihren Schöpfer
zum Künstler. Wie in der Kunst kreiere das schöpferische Genie etwas
„Neues".

Nach dem Ersten Weltkrieg erwächst die Technik zu einem Kulturfaktor
: sie wird bevorzugter Gegenstand der Deutung, lediglich evoziert durch
bleibende Schlüsselerlebnisse militärischer Materialschlachten und einer
aus diesen resultierenden riesigen Erwerbsarbeitslosigkeit,50 ebenso wie
durch die „technizistische Dolchstoßlegende"51, derzufolge „Versailles"
fehlerhaft-laienhafter Anwendung von Technik zu verdanken sei. Vor allem
die deutschen Technokraten haben seit den frühen 20er-Jahren die
Technik als epochenprägende Kraft mit all ihren sozialen, wirtschaftlichen,
kulturellen und staatlichen Verstrickungen zu deuten gesucht52 - insbesondere
tritt als Mitbegründer der Technokratiebewegung in Deutschland
Heinrich Hardensett 1932 für diese Standortbestimmung der Technokraten
ein: Er postuliert eine Zweiteilung der Kulturwerte in den konstruktiv-
(volks-)gemeinnützigen „technischen" (Idealtyp dieses Menschen ist der
Ingenieur) sowie den egoistisch-gewinnorientierten „kapitalistischen"
Menschen.53 Diese Zweiteilung hat Wankel - das soll im Folgenden gezeigt
werden - einige Jahre zuvorbereits vorbezeichnet.

Wankel fordert, seine Konstruktionsbegabung solle „im Freikorpskrieg
allem Anschein nach ein reiches Tätigkeitsfeld finden, da die Herren Fachingenieure
meistenteils hilflos sind, wenn nicht eine Fabrik zur Ausführung
hinten dran steht."54 Damit verlangt er auf ironische Weise antikapitalistisch
die nationalsozialistische Maxime, „Gemeinnutz" solle vor „Eigennutz
" gehen; gleichzeitig schreibt er der Technik in ihrer postulierten Egoismenunbefangenheit
, gleich einem Kunstwerk, einen Selbstzweck zu.
Wankeis Forderung spiegelt das Bemühen wider, eine Position innerhalb
des politischen Raumes einzunehmen, ohne real Politik zu betreiben55: Die


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