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Felix Wankel - ein Wegbereiter des Nationalsozialismus in Baden?
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Die Spaltung ist seitens der Gegner der NSDAP mit Genugtuung aufgenommen
worden: „Sturm im Nazi-Lager - Ungehorsam gegen Gauleitung
- Ortsgruppenleitung, 30 Zellen- und 105 Blockwarte legen ihre Ämter
nieder."64 Dies erklärt, weshalb die Wahl für die Nazis in Lahr so niederschmetternd
wie nirgendwo in Baden ausfällt: Während die NSDAP im badischen
Landesdurchschnitt im Vergleich zur vorigen Reichstagswahl einen
Verlust von 2,8 % verzeichnet, beträgt dieser in Lahr 11 %!65
Wagner löst die ihm abtrünnige Ortsgruppe noch am Tag der Reichstagswahl
auf und lässt an ihrer Stelle drei Ortsgruppen gründen, jeweils besetzt
mit Ortsgruppenführern, die er der Gauleitung gegenüber für loyal
hält; Wankel ist wegen seiner Mitgliedschaft in der Notgemeinschaft im
Oktober 1932 von einem Untersuchungs- und Schlichtungsausschuss
(Uschla), den Wagner angestrengt hat, aus der NSDAP ausgeschlossen
worden.66
Der Kampf der Lahrer Notgemeinschaft gegen die „Parteibonzen" geht
jedoch weiter. Nach dem Rücktritt Strassers am 8. Dezember 1932 versucht
die Notgemeinschaft mit dem renommierten Sprecher Karl Lenz,
NSDAP-Gauleiter von Hessen-Darmstadt und MdR, jenen zur Rückkehr in
die Partei zu bewegen:
Das Herz der Nationalsozialisten schlägt für Strasser. Das Herz und
die Kraft der Bewegung hoffen, daß Strasser zurückkehren wird. Die
Bedingung, die er stellen wird und die er stellen muß, ist die Wiederherstellung
der alten Linie, die Übernahme der Führung durch die
alte Garde.61
Lenz lanciert diesen Aufruf in der letzten Ausgabe der Alemannischen
Grenzlandnachrichten, die vermutlich auf Grund des Druckes, von Seiten
der Reichspartei, nicht weiter herausgegeben werden kann. Jedoch bedeutet
erst Hitlers Sieg bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 das Aus
für die Lahrer Notgemeinschaft: Wagner lässt, nunmehr die Exekutivgewalt
des Reichskommissars innehabend und sich gleichsam an den Aufrührern
rächend, die Angehörigen der Lahrer Notgemeinschaft in Schutzhaft
nehmen - Wankel wird am 13. März 1933 gewaltsam verhaftet,
kommt aber durch die Intervention seiner auf das NS-Regime einfiussrei-
chen Techniker-Freunde Keppler und Piaichinger frei, die vermutlich das
Reichsluftfahrtministerium auf das technische Potential Wankeis für die
Rüstungsindustrie hingewiesen haben.68
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