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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 539
(PDF, 97 MB)
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Neue Literatur

539

der aufstrebenden Gemeinde Zell-Weierbach
zu klein geworden. Bei einer Ortsbe-
reisung stellte dies sogar die vorgesetzte
Behörde fest: „Das einstöckige Rathaus
hat zwei Zimmer mäßigen Umfangs." Für
ordnungsgemäße Sitzungen der 48 Mitglieder
des Bürgerausschusses sei der
Raum völlig ungeeignet. 1904 wurde ein
Neubau endlich beschlossen, ein außerordentlicher
Holzhieb zur Finanzierung genehmigt
. Gernot Kreutz hat die spannende
Geschichte dieses kommunalen Bauwerks
recherchiert und mit ästhetisch reizvollen
Projekt-Skizzen der diversen Entwürfe angereichert
.

Martin Ruch

Benz, Wolfgang / Distel, Barbara
(Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte
der nationalsozialistischen Konzentrationslager
. Bd. 6: Natzweiler, Groß-
Rosen, Stutthof. München, 2007, 840 S.,
Abb.

52 Außenlager im Südwesten des
Deutschen Reiches hatte das Stammlager
Natzweiler. Die Häftlinge waren für SS-
Einrichtungen tätig und dienten als Arbeitskräftereservoir
zugunsten der Rüstungsindustrie
, die in unterirdischen Anlagen
oder umgebauten Eisenbahnstollen
produzierte. Das Stammlager in den Voge-
sen (1941 eingerichtet) bediente sich der
unmittelbar benachbarten Granitsteinbrüche
: hier war roter Granit gefunden worden
, den Albert Speer für seine Bauvorhaben
in Berlin und Nürnberg benötigte. Offiziell
existierte es bis April 1945, aber
nur noch in Form der zahlreichen Außenlager
(darunter Haslach und Offenburg),
denn im September 1944 waren die Häftlinge
auf rechtsrheinisches Gebiet verlagert
worden. Das Konzentrationslager
Natzweiler führte seither eine „Phantomexistenz
" (Steegmann). Im Mai 1941 erreichten
die ersten Häftlinge das KZ Natzweiler
. In den folgenden Jahren starben
Tausende infolge der harten Lebensbedingungen
, durch bestialische Quälereien

und durch blanken Mord. Die medizinische
Versorgung war ungenügend. Drei
Mediziner der nahegelegenen Reichsuniversität
Straßburg mißbrauchten die Häftlinge
zu makaberen Experimenten. Der
Anatom August Hirt ließ 86 Juden in der
Gaskammer ermorden, um mit den Skeletten
seine anatomische Sammlung zu
bestücken. Von allen Häftlingen des KZ
Natzweiler starben etwa 20.000, d.h. 40%
der Gesamtzahl der hier Inhaftierten. Im
November 1944 betraten die Amerikaner
das geräumte Lager - und von Dezember
1944 bis 1949 nutzten nun die französischen
Behörden das Lager zur Internierung
von Männern und Frauen, die der
Kollaboration verdächtigt wurden. Auch
in dieser Zeit, die noch nicht recherchiert
ist, soll es Tote gegeben haben. Am 31.
Januar 1950 wurde das Gelände unter
Denkmalschutz gestellt. Heute ist es ein
Museum und „Zentrum des deportierten
Widerstandskämpfers.''

Robert Steegmann hat in einer umfangreichen
Dokumentation 2005 die Geschichte
des Konzentrationslagers vorgestellt
. Von ihm stammt auch der einleitende
Beitrag zum Lager, dem sich Darstellungen
der Außenlager von verschiedenen
Autoren anschließen. Die beiden informativen
Beiträge zu Haslach und Offenburg
stammen von Uwe Schellinger, der auch
in der „Ortenau" bereits zu Aspekten dieser
Lager veröffentlicht hat. Seine abschließende
Feststellung, am Standort der
früheren Artilleriekaserne, in welcher das
Offenburger Außenlager untergebracht
war, erinnere nichts mehr an die frühere
Vergangenheit und die Verbrechen, darf
gerne als Anregung verstanden werden,
hier wenigstens mit einer Gedenktafel an
die Vergangenheit zu erinnern. In einem
der umgebauten Kasernengebäude ist heute
die Anne-Frank-Schule untergebracht:
gäbe es mehr Grund, gerade hier aktiv zu
werden und ein Zeichen zu setzen?

Martin Ruch


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