http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0100
100
Manfred Merker
Nachmittag alle acht zu vergebenden Stimmen in die Hände der Liberalen,
die damit eine Mehrheit mit 18 gegen 14 konservative Vertreter erringen
konnten. Damit war das Gymnasium als Ort liberaler Opposition bei den
Behörden in die Schusslinie geraten. Die „unzuverlässigen" Staatsdiener
Baumann und Kuhn waren die ersten Opfer der reaktionären Gegenreaktion
, Gagg sollte wenige Jahre später folgen: Er wurde anonym auf die Liste
der „Rebellen und Gauner" gesetzt, wegen „dienstwidriger" hochverräterischer
Beteiligung an der Revolution dienstsuspendiert und zu einem
Jahr Zuchthaus und Ersatzleistungen an die Staatskasse verurteilt.
Offenburgs Wandel zur Epoche machenden Revolutionsstadt mit Stru-
ves und Heckers Salmendeklaration von 1847, der großen Märzversammlung
1848 und der Massenkundgebung im Mai 1849 konnte Baumann nur
von ferne verfolgen. Sicher hätte er als entschiedener Liberaler für Verfassung
, Pressefreiheit und nationale Volksvertretung couragiert mitgekämpft,
und man kann nur mutmaßen, dass er dann vielleicht auch in der Festung
Rastatt gelandet wäre, wie Carl Schurz, oder in der amerikanischen Emigration
, wie Friedrich Hecker. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass er an
seinem neuen Dienstort Freiburg noch einmal mit seinem ehemaligen Kollegen
und Förderer aus Offenburger Vormärztagen zusammengetroffen ist,
der hier seinen nachrevolutionären Lebensabend verbrachte, Direktor
Franz Weißgerber.15
Anmerkungen
Studien zum Offenburger Gymnasium II
1 Damit wird vielleicht auch ein kleiner Beitrag zur Beseitigung der auf der Forschungsbörse
1848/49 in Offenburg von Frau Irmtraud Götz von Olenhusen beklagten Forschungsdefizite
bei der Rolle der Vereine und Schulen vor und in der 48er Revolution
geleistet
2 Feuerbachs erster Eindruck in seinen ungedruckten Tagebüchern bestätigte sich nicht,
denn er fährt fort: „... was aber nicht der Fall ist, das beweist die Kirche und ein Spaziergang
nach Fessenbach". Einen Ausgleich bot dem jungen Anselm dann auf Schloss
Ortenberg ein Besuch bei der Familie von Berkholtz, mit der die Feuerbachs befreundet
waren. Anselm kam von Freiburg, wo sein Vater Archäologieprofessor war. Siehe
die Literatur unter F. Lang
3 So Rainer Schimpf in seinem sehr anschaulichen und kenntnisreichen Werk über den
Offenburger Vormärz, dem auch unsere Darstellung der unten geschilderten Vorgänge
der Wahl von 1846 weitgehend folgt
4 Die Sammlung der Schulprogramme ist mit nur einer Lücke von 1824-1849 im Stadtarchiv
Offenburg unsere wichtigste Geschichtsquelle unter der laufenden Nummer
StaO 12/315-12/324. Die unveröffentlichte „Akte Baumann" rangiert unter StaO
33/2/070, die Akte „Turnen und Schwimmen" unter StaO 33/2/16. Auch in diesem
Jahr geht wieder ein besonderer Dank an Frau Amalia Dreher für ihre prompte und findige
Beschaffung der Archivalien. Ebenfalls große Verdienste bei der Beschaffung von
Belegen für Baumanns Schultätigkeit 1840-1846 hat sich Frau H. Endermann erworben
, einen herzlichen Dank an die Historische Bibliothek der Stadt Rastatt!
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0100