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Martin Ruch
Sportbund war am 30. April 1933 verboten worden, die konfessionellen
Sportverbände, wie die katholische „Deutsche Jugendkraft", durften zwar
noch bis 1935 eigenständig weiterbestehen, konnten sich aber nicht mehr
an übernationalen Wettkämpfen beteiligen.4
Als Reaktion auf die zunehmende Ausgrenzung im Kontext der
„Gleichschaltung" bildete sich im zweiten Halbjahr 1933 die „Arbeitsgemeinschaft
jüdischer Turn- und Sportvereine Südwest-Deutschland". Ihr
erstes Auftreten war beim Sportfest in Darmstadt auf dem Sportplatz der
Sportgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten mit 150 Wettkämpfern
. 40 Gruppen und Vereine aus Süd- und Südwestdeutschland organisierten
sich in dieser Gemeinschaft.
Juden in der „ Offenburger Turngemeinde von 1846"
Es sind nur wenige Juden als Mitglieder in den örtlichen Sportvereinen Of-
fenburgs nachzuweisen, aber einige Namen sind doch bis zum Jahr 1933
registriert. Die Stimmung in jenen Monaten unmittelbar nach der Machtergreifung
war jedenfalls auch in großen Teilen der Offenburger Turnerkreise
eindeutig pro Hitler, wie beispielsweise die Protokolle der Turngemeinde
von 18465 zeigen. Am 28. April 1933 traf man zu einer Turnratssitzung
im Vereinslokal Drei-König zusammen:
„Zum Schluß sprach noch der erste Vorsitzende über die Geschehnisse der
letzten Tage in politischer Hinsicht. Er bat die Turnratsmitglieder, sich einmütig
hinter die Männer, die nunmehr die Geschicke unseres Volkes leiten
werden, zu stellen. Die anwesenden Turnratsmitglieder versprachen dies
und reichten sich zum Zeichen der Einigkeit und zum Zeichen dafür, dass
sie gewillt sind, unter der neuen Regierung auch weiterhin ihre ganze
Kraft für die deutsche Turnerschaft einzusetzen, die Hände."
Kurz zuvor, Ende März 1933, hatte noch die Jüdin Margot Bergheimer auf
der Anwesenheitsliste zur Mitgliederversammlung am 25.3.1933 unterschrieben
. Sie war bereits 1932 als Turnerin im Verein genannt worden.
Nach dem Treueschwur ihrer Turnerfreunde für die Hitler-Regierung ist ihre
Unterschrift nicht mehr in den Protokollen nachweisbar. Am 12.11.1915
war sie in Offenburg zur Welt gekommen, im Oktober 1940 deportierte
man auch sie nach Gurs, von hier dann mit dem Transport 18 über Drancy
bei Paris nach Auschwitz am 12. August 1942. Hier wurde das ehemalige
Mitglied der Offenburger Turngemeinde von 1846 ermordet.
Auch zwei jüdische Ärzte waren Mitglieder im Verein gewesen, vor
1933 jedenfalls. Die Turnratsitzung vom 2.4.1930 notierte: „Die Mitglieder
Bieler und Dr. Nathan haben sich verlobt, der Verein hat beiden Herren
ein Glückwunschschreiben nebst einem Blumengebinde zugehen las-
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