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Cornelius Gorka
mer aus dem Rheinland und Westfalen angereist; sogar Berlin hatte Vertreter
entsandt. „Ernst im Gewände jugendlicher Freude", so bezeichnete ein
Turnführer die Wettkämpfe.22 Rund 1.700 Einzelturner stellten sich auf der
„Eiswiese" der Wertung der Kampfrichter. Im Geräte-Zehnkampf war mit
Arthur Adler vom Städtegau Mannheim ein Mann auf dem ersten Platz zu
finden, der später den Badischen Turnerbund führen sollte.23
Nachmittags folgten die Wettkämpfe in der Leichtathletik, die aus einem
Fünfkampf für Aktive bzw. einem Dreikampf für Ältere bestanden 24
Dabei kam erstmals eine bahnbrechende Neuerung zum Einsatz: In den
100-Meter-Läufen wurden die Laufzeiten erstmals nicht durch Stoppuhr
sondern mittels einer elektrischen Zeitmessanlage ermittelt, wie sie zuvor
auch bei den 2. Deutschen Kampfspielen in Köln zum Einsatz gekommen
war. Diese Anlage ermöglichte eine genauere Feststellung der Sprintzeiten
als das bisherige Handstoppen. Messfehler konnten dadurch reduziert und
ein exakteres Ergebnis festgestellt werden 25 Bemerkenswert war außerdem
die Regelung, dass Fehlstarts nicht abgebrochen, sondern die Fehlstarter
mit einer zusätzlichen !4-Sekunde bestraft wurden.
Neben den Einzelwettkämpfen wurden auch die Landesmeisterschaften
in den Turnspielen ausgetragen. Dazu gehörte das in Offenburg sehr verbreitete
Faustballspiel sowie das (heute weitgehend vergessene) Trommel-
und Schlagballspiel. Außerdem gab es ein Werbespiel im Handball zwischen
dem deutschen Handballmeister TuS Polizei Rastatt und der Handballmannschaft
des Ortenauer Turngaus. Das Handballspiel hatte sich nach
dem 1. Weltkrieg zu einer beliebten Sportart entwickelt und führte in zahlreichen
Turnvereinen zur Gründung von Handballmannschaften.
Während des Turnfestes waren zahlreiche Pressevertreter anwesend, die
über das Geschehen laufend berichteten. Das wachsende gesellschaftliche
Interesse am Sport hatte bei den Zeitungen zur Einrichtung von Sportredaktionen
geführt. Auch die Turnvereine hatten die Bedeutung der Medien
erkannt und ihre Öffentlichkeitsarbeit intensiviert. Dem Presseausschuss
unter Leitung von Redakteur Franz Huber ging während des Festes die Arbeit
nicht aus.
Die Verpflegung der Turner erfolgte zu günstigen Preisen in den Festhallen
sowie in den Gasthäusern der Stadt. Unvergesslich blieb das bayerische
Bierzelt eines auswärtigen Gastwirts auf dem Festplatz, von dem die
örtlichen Presse berichtete: „Den Betrieb machten eine original bayerische
Oberländer-Kapelle mit 24 Mann und Typen bayerischer Urwüchsigkeit.
Der Ausschank erfolgte vom Fass durch bayerische Schankburschen, die
ihr Handwerk verstanden. Die Schweinswürstel, auf dem Rost gebraten,
fanden riesigen Absatz. Auch ein am Spieß gebratener Ochse wurde zum
14. Landesturnfest angeschnitten. Er fand reißenden Zuspruch."26 Sportliche
Ertüchtigung und gemeinsames Feiern waren schon damals untrennbar
verbunden!
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