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Konrad Krimm
weis auf das Privileg von 1258 - zieht den Zorn der Nichtprivilegierten geballt
auf sich. Für die Fron, die oftmals aus Fuhren besteht, ist der Besitz
von Pferden besonders wichtig. Wer mehr als zwei Pferde hat, muss
schwere und weite Fuhrfronen leisten. Da die Metzger am Ort zugleich die
Post zu versehen haben, verfügen sie auch über den größten Pferdebestand.
Sie scheinen aber als Freie beides, Fuhrfron und Postdienst, mit Erfolg
auch umgehen zu können, sodass die Leibeigenen, die Fronbauern, die
Post zu Fuß transportieren und ihre Pferde immer wieder für die Herrschaft
einspannen müssen. 1664 schließen sich 15 dieser Fronbauern zusammen
und beschweren sich in Baden-Baden, sie müssten mit Führung Sandts,
Ziegel und Kalkhes zue fürstlicher Hofstatt schon 3.mahl Vass und Stein
nacher Ettlingen und allhie alles Bawholtz und was zur Erbauung des Rebhauses
zu Umbwegen vonnöthen, geschweigende anderer ordinäri frohnen,
ein woch in die ander kommen, 2 oder ufs höchste 3 Tag an unserer Bauers
und Veld Arbeit stehen könnden, und so wir dann nach haus kommen, er-
erst auch wegen obiger [Metzger] für unsere Pferd keine Wayde finden.
Dannenhero nothwendiger Weiß darbey verderben müeßen12. Die privilegierten
Metzger haben die Abwesenheit der Fröner offenbar dazu genutzt,
sich mit ihren Pferden - zusammen besitzen sie 19! - auf der Allmende,
der Gemeindeweide auszubreiten. Mit Allmende-Missbrauch und ungleicher
Lastenverteilung sind hier die beiden wichtigsten Stichworte in
den sozialen Konflikten der frühen Neuzeit gefallen.
In Steinbach stehen in diesen Auseinandersetzungen die privilegierten
Innerbürger gegen die zweifellos leibeigenen Außerbürger. Das heißt aber
nicht: die „reiche" Innerstadt gegen die „arme" Vorstadt. Nutzen wir die
regelmäßigen Abgaben wie den Hof Stättenzins als Vermögensindex, wird
schnell deutlich, dass es auch in der Vorstadt bedeutenden, ja z. T. größeren
Grundbesitz gibt als in der Inner Stadt, und auch in der Inner Stadt ärmere
neben reicheren Einwohnern leben. Ausschließlich in der Innerstadt
wohnen allerdings die Funktionäre wie der Stadtschreiber (er zählt immer
zu den reicheren) und die Händler, deren Umsatz nennenswertes Geld einbringt
; die Metzger haben wir schon kennengelernt. Nicht im Besitz, wohl
aber im Status gegenüber der Herrschaft sind Inner- und Außerbürger deutlich
geschieden bzw. sind die hierarchischen Ränge zugewiesen. Dabei
bringt es die Ummauerung der Innerstadt ganz von selbst mit sich, dass wir
hier eher statischen Verhältnissen begegnen. Während die Vorstadt wächst,
bleibt es innen lange beim Zins für 12 bis 13 Hofstätten. Um 1800 ist die
Vorstadt mehr als dreimal so groß wie die Innerstadt, die sich mit 37 Gebäuden
etwas verdichtet hat. In der Inner Stadt zählt man auch nach dem
verheerenden Brand von 1643 nach wie vor 12 Hofstätten; am Status ihrer
Besitzer, die sich bis zum Wiederaufbau in der Vorstadt ansiedeln müssen,
entzündet sich neuer Streit. Die Außerbürger verlangen jetzt endlich
Rechtsgleichheit, da die Innerbürger ja nicht mehr innerhalb ihrer Mauern
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