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Steinbach, das Stadtrechtsprivileg von 1258 und die Markgrafen von Baden
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noch eins darauf. Auch in der gegenseitigen Beschuldigung und Beweisführung
sind die Parteien nicht zimperlich und verwerfen die jeweiligen
Berechnungen nach Frönern und Pferden als Lügen; die Metzger hätten
vielleicht auf ihrer aigenen güether gefrohnet, spotten die Bauern. Die
Metzger wiederum glauben ignorieren zu können, was der städtische Rat
über Bürgerpflichten beschließt, sobald es ihre Freiheit berührt - denn hat
der Rat ihnen ihre Freiheiten gegeben? Das waren König Richard und die
Markgrafen, also hat der Rat hier auch nichts zu melden. Schließlich entscheidet
Serenissimus doch und lässt die Fronfreiheit zumindest des Metzgers
Haug gelten. Das beeindruckt die Fronbauern aber nicht; sie beweisen
, dass die Fronpflicht Haugs aus seinem Gülthof herrührt, der außerhalb
der Stadt liegt, und geben nicht nach, bis sie tatsächlich Recht erhalten und
der Metzger doch unterliegt. Erst als er nun auch wieder weiterklagen will,
macht der Markgraf mit einem harschen Randvermerk der Sache ein Ende.
Ob der benachteiligte Haug, der Innerbürger, dazu auch eine verächtliche
Miene gemacht hat wie sein Nachfahre 1756, der die Innerstädter
Wachpflicht sabotieren wollte? Die Beamten von 1756 jedenfalls empören
sich über dieses aufsässige Verhalten und die Verachtung des Amt, so gemein
geworden}5 Auch ihre Vorgänger im 17. Jahhrundert raten ihrem
Herrn eher zu strikter Herrschafts Währung; Amtmann und Amtsschreiber
in Steinbach empfehlen 1667, der Markgraf solle den Metzgern die Fron
gnädigst auflegen und deren konkreten Umfang dann dem Steinbacher Rat
und Gericht überlassen - eine nicht ungeschickte Taktik, die örtlichen
Funktionäre für die fürstliche Entscheidung mitverantwortlich zu
machen.16 Das Fürstenhaus selbst findet letztlich nur einen Ausweg aus
den wiederkehrenden Konflikten zwischen Inner- und Außerbürgern, indem
es nicht etwa das lästige Sonderrecht von 1258 aufhebt, sondern: die
Leibeigenschaft. Dazu kommt es in Steinbach 1768 - im Geist der Aufklärung
, lange vor den allgemeinen Deklarationen von Kaiser Josef U. für
Österreich (1781) und Markgraf Karl Friedrich für das vereinigte Baden
(1783)? Da müssen wir vorsichtig sein. Einzelakte dieser Art gab es immer
und auch der Loskauf von der Leibeigenschaft hatte lange Tradition. Für
die Herrschaft kann das zunächst auch Geschäft und willkommene Geldquelle
sein. Die Steinbacher Außerbürger bezahlen für ihre Leibfreiheit
6585 Gulden. Überhaupt sollten wir die Perspektive der Herrschaft nüchtern
sehen: Die interessanteste Seite der Stadt ist hier sicher ihre Zahlungsfähigkeit
. Die vielen Möglichkeiten, Abgaben zu erheben, Dauer- und
Sonderzahlungen, statische und dynamische Beträge, will ich nicht aufzählen
- sie wäre eindrucksvoll. Neben der Gesamtsteuerlast der Gemeinde
kann der Einzelne durch Kreditschulden von der Herrschaft abhängig werden
; diese Verschuldung scheint im 16. Jahrhundert deutlich zuzunehmen,
jedoch müsste das genauer erhoben und mit anderen Gemeinden verglichen
werden. Der Fürst ist auch als Grundbesitzer mit Stadthaus und
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