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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 285
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Steinbach, das Stadtrechtsprivileg von 1258 und die Markgrafen von Baden

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auf Dauer nicht, was sich der Stadtherr wohl davon versprochen hat. Aber
wir dürfen die Bedeutung der Stadt auch nicht auf ihre Finanzen reduzieren
. Für die Markgrafen ist auch ihre Existenz, ihre Mauer, ein Herrschaftszeichen
, so wie die Ansiedlung von Ortenauer Adligen in „ihrer"
Stadt den Markgrafen die Zeichenwelt der fürstlichen Patronage und fürstlichen
Klientel liefert. Mit diesen Zeichen - Mauer, Markt, Adelssitze -
kann Steinbach auch politischer Ort sein, an dem der Markgraf „auftreten"
kann: sicher nicht häufig, aber doch auch zeichenhaft genug. So will Markgraf
Bernhard bei schwierigen Geldverhandlungen mit dem Bischof von
Straßburg 1407 in Steinbach Hofhalten, der Bischof soll in „seinem" Sas-
bach abwarten; die Unterhändler zwischen beiden Hoflagern sollen sich in
Bühl treffen.22

Hat das Stadtrechtprivileg von 1258 nun also doch eine „bedeutende"
Stadt geschaffen? Wir können die Frage getrost weiter offen lassen und
stattdessen resümieren: Das Privileg hat einen eigenen Rechtsraum entstehen
lassen. Er verändert sich, seine Grenzen sind uns wie den Steinbachern
selbst nicht immer deutlich, aber er besteht rund 550 Jahre. Die Landesherrschaft
im Alten Reich setzt sich - vor allem im deutschen Südwesten -
oft aus einer Addition solcher Rechtsräume zusammen und selbst die Aufklärung
, die vormoderne Staatsbildung, legt die Grenzen solcher Rechtsräume
selten nieder. Erst am Ende des 18. Jahrhunderts gewinnt die Vorstellung
vom abstrakten Staat langsam an Gewicht. Nicht mehr die Leibesherrschaft
, nicht mehr die persönliche Bindung der Untertanen an den Fürsten
begründen die Steuern und Lasten und Fronen, sondern die „Staatspflichten
" . Diese Staatspflichten sind darum aber auch nicht mehr verhandelbar
, denn es sind ja abstrakte, eherne Gesetze (die Last wird keineswegs
geringer). Trotzdem bleiben die vielfachen Rechtsräume im Kern bestehen
bis ins 19. Jahrhundert, bis die deutschen Schüler der französischen Revolution
, die Minister der Rheinbundstaaten, mit kühlen Verordnungen die
Rechtsgleichheit des Staatsvolks erzwingen.

Wir feiern eine Urkunde, die 750 Jahre als ist. Mehr als ein halbes Jahrtausend
besaß sie Rechtskraft und wirkte auf die Lebensbedingungen eines
Gemeinwesens - Grund genug, eine solche Wirkungsgeschichte zu betrachten
, sie von allen Seiten zu bestaunen und immer wieder Neues darin
zu entdecken.

Anmerkungen

1 Vortrag bei der Jahresversammlung des Historischen Vereins für Mittelbaden am 5.
Oktober 2008 in Baden-Baden-Steinbach zum 750-jährigen Jubiläum der Stadtrechtsverleihung
durch König Richard von Cornwall.

2 Vgl. Der Stadtkreis Baden-Baden, bearb. von der Außenstelle Karlsruhe der Abt. Landesforschung
und Landesbeschreibung in der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg
(Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg), Sigmaringen 1995,


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