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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 366
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Johannes Werner

dens, waren es 1.593 auf 216 badischen Stationen. Allein im heutigen
Landkreis Rastatt wirkten sie, außer in Rastatt selbst und natürlich in Bühl,
in Niederbühl, Rauental, Michelbach, Ebersteinburg, Gernsbach, Obertsrot
, Lautenbach, Langenbrand und Ottersweier. Zu ihnen gehörten in Rastatt
auch Adelaria, Aldrich, Bruno, Christa, Dionysia, Ida, Johannita, Lui-
siana. Wir kehren zum Anfang zurück und stellen die dort gestellte Frage
neu: wie war ein solches Wachstum möglich?

... und warum

Dadurch, dass die Orden jenen jungen Frauen, die sonst keine Chance gehabt
hätten, eine solche boten. Die, die als soundsovieltes Kind in eine große
Familie hineingeboren worden waren, die sich sonst nur als Dienstmagd
verdingen, als Dienstmädchen „in Stellung" oder in die Fabrik gehen
konnten, fanden sich nun als Näh-, Kinder- oder Krankenschwester, ja als
Missionsschwester wieder. Um von den vielfältigen Tätigkeiten, die es in
den Mutterhäusern gab, noch ganz zu schweigen: in der Schneiderei,
Schusterei, Sattlerei; in der Buchbinderei und der Paramentenstickerei; in
der Küche, der Bäckerei und der Hostienbäckerei; im Garten, auf dem Feld
und im Stall; an der Pforte und in der Verwaltung; als Sakristanin, Organistin
, Lehrerin, ja sogar als Dentistin!

Im 19. Jahrhundert stellen die Frauenorden und Kongregationen, die,
dem Zug der Zeit entsprechend, wie Pilze aus dem Boden wachsen, weitgehend
eine Versorgungsanstalt für die Töchter der bürgerlichen und bäuerlichen
Kreise dar. (...) So kam es, dass viele Mädchen im Orden mehr das
geschützte, von Sorgen entlastete Dasein, eine Art Fortsetzung der alten
Familiengeborgenheit suchten und fanden als den strengen Aufstieg zu
höchster religiöser Entwicklung. Dazu kam noch der beruhigende Glaube,
dass diese Wahl an sich die sittlich höchste und verdienstvollste Entscheidung
vorstelle und turmhoch über die andern Sterblichen erhebe. Dazu
kam, dass in katholischer Landschaft für Mädchen bäuerlicher oder kleinbürgerlicher
Abkunft das Ordenskleid (...) einen gewaltigen gesellschaftlichen
Aufstieg bedeutete; ,Schwester' zu werden, war eine Standeserhöhung
weit über alle in ihrem Kreis gelegenen Heiratsmöglichkeiten hinaus,
in den Augen katholischen Volkes fast eine Gleichstellung mit Bildung und
Rang.

Da war der Andrang freilich groß, sogar so groß, dass viele Anwärterin-
nen abgewiesen wurden. Dennoch bereiteten sich, nur zum Beispiel, noch
1930 in Bühl 98 Postulantinnen und 92 Novizinnen auf das Ordensleben
vor ... und heute keine einzige mehr.

Und warum nicht? Weil man nicht mehr so viele Kinder hat, die man
irgendwie versorgen muss; weil die Kinder, auch die Mädchen, Wege gehen
können, die ihnen damals noch versperrt waren; weil sie auch die leh-


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