http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0391
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Der vergessene Fotograf: Wolf Schmuel Borowitzky
aus Nordrach (1892-1940)
Uwe Schellinger
Am 30. November 1939 wurde der jüdische Fotograf Wolf Schmuel Borowitzky
in Nordrach aus seiner Wohnung heraus verhaftet und in das Konzentrationslager
Sachsenhausen nördlich von Berlin eingeliefert. Dort teilte
man ihm die Häftlingsnummer 010121 zu und brachte ihn im Häftlingsblock
38 unter. Am 26. Februar 1940 kam Borowitzky im KZ Sachsenhausen
im Alter von 48 Jahren ums Leben. Über die Todesursache gibt es keine
Angaben, eine Grabstätte existiert nicht.1
Es ist eine grausame Ironie, dass keine Fotografie oder keine Porträtaufnahme
existiert, die uns zeigen könnte, wie der Fotograf Borowitzky selbst
ausgesehen hat. Nachdem er über zwanzig Jahre in dem bekannten
Schwarzwälder Kurort lebte und arbeitete, ist sein Schicksal heute fast völlig
in Vergessenheit geraten. Auch eine Nachfrage nach Hinweisen zu Borowitzky
in den Nordracher Allgemeinen Bekanntmachungen blieb unlängst
ohne jegliche Reaktion.2
Jüdisches Leben in Nordrach wird in der Regel mit der Geschichte der
„M.A. von Rothschild'schen Lungenheilstätte" für jüdische Frauen in Verbindung
gebracht, die dort als einzige Einrichtung ihrer Art in Baden von
1905 bis 1942 im Kurbetrieb tätig war.3 Der Fotograf Borowitzky hatte
hingegen seine Wohnung und seine Werkstatt außerhalb des Sanatoriums.
Die Spurensuche zu seinem Lebenslauf erweist sich als außerordentlich
schwierig. Übrig geblieben von diesem Leben, das in einem nationalsozialistischen
Konzentrationslager endete, sind lediglich ein paar von Borowitzky
hergestellte Postkarten, vereinzelte offizielle Dokumente und einige
wenige zeitgenössische Aussagen über ihn.4
Postkarte „Nordrach
Bad. Schwarzwald,
Kurparkeröffnung 1930"
von Photo-Boro
Sammlung E. Hoferer
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