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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 402
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402

Wolfgang M. Call

Am Anfang stand der „Automatische Arrest" mit der Entfernung und
Internierung von ca. 200.000 als gefährlich geltende und mutmaßlich in
die Verbrechen verstrickte NS-Aktivisten.30 Hinzu kamen etwa 150.000
Angehörige des öffentlichen Dienstes und ca. 70.000 Personen aus Wirtschaft
und Handel. Die nächste Stufe der Ausweitung der Entnazifizierung
begann Ende September 1945 mit dem Militärgesetz Nr. 8, das auch in die
Wirtschaft massiv eingriff. Mit Hilfe eines Fragebogens, der 131 Fragen
enthielt, sollten Personen in Schlüsselpositionen vor ihrer Wiedereinstellung
überprüft werden. Die Kontrollratsdirektive Nr. 24 vereinheitlichte
das Verfahren, indem 99 Kategorien von Nationalsozialisten und Personen
festgelegt wurden, „von denen die Alliierten annahmen, dass sie ihnen
feindlich gegenüberstehen würden und die deshalb ohne Ansehen der Person
und Prüfung des Einzelfalls entlassen wurden."31 Das Gesetz „zur Befreiung
von Nationalsozialismus und Militarismus" brachte schließlich am
5. März 1946 die Einführung des sog. Spruchkammerverfahrens, mit dem
ein individuelles Verfahren eingeführt werden sollte.

In der französischen Besatzungszone war die Entnazifizierung bis Herbst
1945 Stückwerk. Es blieb „weitgehend dem für die gesamte Besatzungszone
zuständigen Gouvernement Militaire in Baden-Baden überlassen, Regeln für
den Umgang mit den Anhängern des Nationalsozialismus aufzustellen."32

General Verwalter General Laffon, der den Militärverwaltungsapparat
leitete, hielt nicht viel von „völkerpsychologischen Ansätzen", wie sie in
Paris vertreten wurden. Laffon verband im Gegensatz zu de Gaulle mit
dem Nationalsozialismus mehr als nur das Preußentum. Laffon setzte die
differenzierte Analyse des Nationalsozialismus durch den sozialistisch gesinnten
Teil der Resistance in ein Entnazifizierungsprogramm um. Sein
Modell der „auto-epuration"33 wollte auf jene Kräfte des Landes zurückgreifen
, die für ihn das „andere" Deutschland repräsentierten: politisch,
rassisch und religiös Verfolgte, die den Terror der KZ überlebten. Es waren
Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten sowie Zentrumsleute
und Liberale, die sich in die „innere Emigration" begeben hatten.

Im Gegensatz zur amerikanischen Zone, deren Administration einen
Rundumschlag gegen alle ehemaligen Parteigenossen der NSDAP unternahm
, hatte Laffon zunächst nur die überzeugten Nazis innerhalb der deutschen
Verwaltung im Visier.34 Im September 1945 wurden auf zwei Ebenen
Säuberungskommissionen eingesetzt:

Auf Kreisebene bildeten sich Untersuchungsausschüsse, die sich jeweils
aus fünf Dauermitgliedern und weiteren drei Mitgliedern der zur
Entnazifizierung anstehenden Berufsgruppe zusammensetzten. Sie bereiteten
die Arbeit der übergeordneten Kommissionen vor und sammelten Be-
und Entlastungsmaterial.

Dies waren sog. Reinigungskommissionen. Deren Mitglieder entstammten
den gleichen Kreisen wie die Angehörigen der Untersuchungsaus-


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