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Wolfgang M. Call
fizierung gegenüber den einfachen ehemaligen NSDAP-Mitgliedern entschieden
hatte.39 Einstufungstabellen teilten die Betroffenen in drei Kategorien
ein: Schuldige, Minderbelastete und Mitläufer. Nach Grohnert
hatte bei den Schuldigen in 98% der Fälle die Revision Erfolg, so dass sie
in die Kategorie der Minderbelasteten fielen. Die Zahl der Minderbelasteten
reduzierte sich durch verschiedene Amnestieverordnungen beträchtlich
. Sie kamen in die Kategorie der Mitläufer. Die Mitläufer kamen alle in
den Genuss der ersten Amnestie Verordnungen, wodurch ihnen wieder die
vollen bürgerlichen Rechte zuerkannt und sie von Sanktionen befreit wurden
.40
Schließlich wurde ab Anfang 1948 durch eine neue einheitliche gesetzliche
Regelung die Rückkehr oder Beibehaltung kompromittierter, jedoch
qualifizierter Fachleute wieder billigend in Kauf genommen, wenn sich dadurch
eine Steigerung wirtschaftlicher und bürokratischer Effizienz erzielen
ließ.
Das Offenburger Säuberungspersonal
Auch die Mitglieder der Offenburger Untersuchungsausschüsse kamen aus
dem Kreis der NS-Gegner oder Opfer. In Offenburg ernannten die Vertreter
der vier Parteien und Gewerkschaften den in der Bürgerschaft allgemein
anerkannten KPD-Stadtrat Richard Bätz41 zum Säuberungsinspektor. Bei
dessen Einsetzung gab der Colonel Bätz den Rat, dass die Entscheidungen
„immer von einer Geste der Mäßigung und der Gerechtigkeit" getragen
sein sollten, und dass „die Sanktionen entsprechend dem Grad der Aktivitäten
der Betreffenden im Verhältnis zur Partei abgestuft sind ..."42 Weitere
Ausschussmitglieder waren der Sozialdemokrat Ludwig Dielenschneider43
und der Vertreter der freien Berufe, der Apotheker Albert Fleig.44 Die
übrigen Mitglieder waren unbelastete Nichtparteigenossen.
Bätz und Dielenschneider sowie der von christlich-demokratischer Seite
vorgeschlagene Jakob Rieder45 gehörten nahezu jedem Untersuchungsoder
Ermittlungsausschuss an. Hinzu kamen je zwei Berufsvertreter. So
präsidierte der Stadtrat und Schuldirektor Adolf Schwarzmann46 im Aus-
schuss für die höheren Schulen, Rektor Fritz Maier47 für die Volksschule
und Dr. Franz Vogt48 jenem für die Handels- und Gewerbeschule.49.
Zwischen 1945 und 1948 waren insgesamt 80 Offenburger in den Gremien
des in der Kornstraße 7 angesiedelten Untersuchungsausschusses tätig
. Ihre Beratungsergebnisse wurden zentralen Reinigungs- und Säuberungskommissionen
übermittelt. Ihr Votum unterlag wiederum dem seit
1946 bei der Militärregierung in Freiburg angesiedelten Politischen Kon-
trollausschuss, der dann im Dezember als „Staatskommissariat für politische
Säuberung" fungierte.
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