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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 408
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Wolfgang M. Call

Fachleute mit Parteibuch zur Verfügung standen. Dieses Führungspersonal
bestand, bis auf wenige Ausnahmen, aus Bediensteten, die bereits lange vor
1933 bereits Führungsämter einnahmen und teilweise kurz vor der Pensionierung
standen, wie z. B. die Leiter des Hoch- und Tiefbauamtes und des
Fürsorge- und Jugendamtes. Sie waren durch loyales Verhalten und den
Parteieintritt einer Ablösung entgangen. Zum Teil standen sie zuvor dem
Zentrum nahe oder waren völkisch-deutsch-national gesonnen.

Konsequent setzten die Nationalsozialisten durch, dass (c) sogenannte
„alte Kämpfer" eine Anstellung bei der Stadtverwaltung erhielten. Aufgrund
einer Anordnung des Führers und einer sog. „Sonderaktion für bewährte
Kämpfer um die nationale Erhebung" vom 23. April 193564 waren
die Kommunen verpflichtet, freiwerdende Stellen des unteren und mittleren
Dienstes mit geeigneten Nationalsozialisten zu besetzen, die bis zum
14. September 1930 ihren Eintritt in die Partei erklärt hatten. Aufgrund
dieser Sonderaktion stellte die Stadtverwaltung 28 sog. alte Kämpfer ein.65
1938 wurden aufgrund einer rechtlichen Regelung sieben Angestellte und
Arbeiter in das Beamten Verhältnis übernommen.

Von den 189 städtischen Bediensteten waren zum Zeitpunkt des Einmarsches
der Franzosen 45 stark belastet, da sie entweder vor 1933 in die
Partei eingetreten waren oder nach 1933 eine höhere Parteifunktion wahrnahmen
. Weitere 79 Bedienstete traten zwischen 1933 und 1944 freiwillig
oder unter Druck in die Partei ein, so dass etwa 65% der städtischen Bediensteten
Parteimitglied waren.

Unmittelbar nach Kriegsende kamen innerhalb der Verwaltung augenscheinlich
heftige Konfliktpotentiale zwischen einer Gruppe jüngerer, kar-
rierebewusster Bediensteter und älteren Amtsinhabern zum Vorschein, die
vor den Säuberungskommissionen ausgetragen wurden. Vermutlich wurde
die Entnazifizierung dazu benutzt, eigene Karrierepläne zu verwirklichen.
Beide Seiten bezichtigten ihre Kontrahenten der Kollaboration mit dem
NS-Regime und führten Zeugen an, die die Anschuldigungen der Gegenseite
entlasten sollten. Eugen Kogon wies bereits 1947 auf diese Folgen
hin. Das „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus
" sollte der Gerechtigkeit dienen, es wurde jedoch von Beteiligten
zur „Schichtablösung" in allen Etagen der Verwaltung und Wirtschaft benutzt
. „Folglich begann die Masse der Kämpfer um Stellungen - der Zahl
nach mehr Kämpfer als Stellungen - Konkurrenten zur Strecke zu bringen,
sei es über alliierte Dienststellen, sei es über Spruchkammern und Ausschüsse
. Die allgemeine Suche nach ,grauen Punkten' - beim anderen! -
begann."66

Am 1. Juli 1945 wurden die Entlassungen in deutsch-französischer
Sprache durch ein Plakat öffentlich bekannt gegeben. Es enthält die Namen
von 19 aus dem Dienst entlassenen städtischen Bediensteten. Fünf Tage
später, am 6. Juli 1945, erschien ein zweites Plakat mit den Namen von


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