http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0416
416
Wolfgang M. Call
nur in die Kategorie „Minderbelastet" ein und erlegte ihm eine Bewährungsfrist
von drei Jahren auf. Dies genügte ihm nicht. Er wandte sich an
den Beschwerdeausschuss des württembergischen Landtags. Er erhielt in
einem Revisionsverfahren 1950 die Rückstufung als „Mitläufer". Nach
Haftentlassung und Entnazifizierung wirkte Rombach wieder als Jurist und
erhielt 1951 die Wiederzulassung zum Landgericht und Oberlandesgericht
in Stuttgart. Als er im Mai 1951 gerichtlich die Stadt Offenburg erfolgreich
auf die Zahlung eines Unterhaltszuschusses verklagte, entstand in Offenburg
, insbesondere bei den Gewerkschaften heftiger Protest. Nicht genug:
Nach seiner Pensionierung musste die Stadt Rombach ein Ruhegehalt bezahlen
, nach seinem Ableben im Jahr 1987 bezog seine Frau bis zu ihrem
Tod 1997 Versorgungsbezüge aus seiner Pension.81
Erfolg oder Scheitern?
Die Bilanz der Entnazifizierung der Offenburger Stadtverwaltung fällt
unterschiedlich aus. Den Kommunalpolitikern der ersten Stunde und der
französischen Besatzung gelang es trotz mancher Fehlurteile, gemeinsam
mit dem Stadtrat und der lokalen Entnazifizierungsbehörde die „alten
Kämpfer" auch nach der Amnestierung aus dem Dienst zu entfernen, sofern
sie nicht schon durch Flucht die Stadt verlassen hatten. Dennoch zeigt
die politische Stimmungslage in den fünfziger Jahren, dass Personen, die
die nationalsozialistische Politik unterstützten, ohne selbst führende Parteiämtern
, bekleidet zu haben, durch die Maschen der Entnazifizierungsjustiz
fielen. Hinzu kam ein Personenkreis, der sich an der Kommunalpolitik
aktiv beteiligte, sich nach 1945 aber als Nazigegner bezeichnete, die
„Schlimmeres" verhindern wollten. Über die Wiedereinstellung von Bediensteten
nach 1951 kann aus Datenschutzgründen keine Aussage gemacht
werden. Die zeitgenössische Presse beklagte jedoch, dass einmal im
Amt zurückgekehrte Entnazifizierte ganze Seilschaften „entlasteter Mitläufer
" nach sich zogen, die als Bollwerke und Abwehrfront gegen nicht Belastete
fungierten.82 Es ist bezeichnend, dass bei den Gemeinderatswahlen
am 5. Juni 1946 1061 von 11.208 Wahlberechtigten83, also ca. 10 % ausgeschlossen
waren. Bei den Kreistagswahlen am 14. November 1948 waren
es noch immer 521 Offenburger, die wegen ihrer politischen Belastung
kein Votum abgeben durften.
Muss man Peter Reichel84 zustimmen, dass dem Scheitern kurzfristiger
politischer Säuberungsziele positive Langzeitwirkungen gegenüberstehen
? Aus einer Wunschperspektive bleibe die Bundesrepublik zwar für alle
Zeit mit dem Makel behaftet, „dass sie nicht von Anfang an die Republik
der Regimegegner, NS-Verfolgten und Emigranten war und dies auch
in den ersten zwanzig Jahren nach ihrer Gründung nicht wurde." Die aber,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0416