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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 423
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Oskar Wiegert

Vom Ortsgruppenleiter zum Dorfschullehrer

Wolfgang M. Gall

In fast allen Veröffentlichungen zur Geschichte des Nationalsozialismus in
Offenburg, zuletzt in Martin Ruchs Publikation über das Novemberpogrom
in Offenburg, fällt der Name Oskar Wiegert als fanatischer und skrupelloser
Nazitäter. Im Rahmen der Untersuchung der Entnazifizierung der
Stadtverwaltung Offenburg fand der Autor weitere Archivdokumente, die
bisher noch nicht ausgewertet wurden und interessante Aufschlüsse über
seine Nachkriegsbiografie bringen.

Zu Beginn der fünfziger Jahre lässt sich in der Bundesrepublik eine Abkehr
von der im vorigen Beitrag beschriebenen Entnazifizierungspolitik
feststellen. Schritt für Schritt setzte sich ein Nazi-Begriff durch, „der auf
Rabauken und Sadisten passte, aber die partei-organisatorisch nicht recht
greifbaren Unterstützer in herausragenden Positionen - Wirtschaftsmanager
, Richter, Bürokraten, Professoren - ausfilterten."1 Dieses Milieu hatte
sich nicht mit den kleinen Pöstchen abgegeben, wie Kassenverwalter, Zellenleiter
, Blockwart etc. Einfach zu belangen waren die Raufbolde, Querulanten
. Sie besaßen teilweise Hemmungen, den plebejischen NS-Verbänden
mehr als nominell beizutreten und hatten ihren Einsatz auf viel effizientere
Weise bewiesen, nur blieb davon im formalen Raster der Entnazifizierung
nicht viel hängen. Letztendlich existierte in den fünfziger Jahren ein „gewisses
Solidaritätsgefühl zwischen Nazis und Nicht-Nazis." In vielen Gemeinden
gab es oftmals eher eine Sympathie für den verteufelten Nazi als
für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Mitarbeiter der Spruchkammern
, die im Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung sich dem System
widersetzt hatten, waren bereits gegen eine Wand des Schweigens gestoßen.
Sie waren der Bevölkerungsmehrheit oft fremd, suspekt und lästig.2

Ein typischer Fall für den Wandel im Umgang mit den ehemaligen Tätern
in der bundesrepublikanischen Gesellschaft in den 1950er-Jahren ist
der Fall des ehemaligen Rektors der Mädchenschule und Stadtrats Oskar
Wiegert3, der politisch als Vorsitzender der Ortsgruppe Offenburg der
NSDAP und Schriftleiter der regionalen Beilage des „Führer", die „Orte-
nauer Volkswarte", tätig war. Seine Rehabilitation verlief im Stillen, hinter
den Kulissen und mit der Unterstützung erstaunlich vieler Helfer quer
durch alle politische Lager. „Meiner Meinung", so schreibt Wiegert in einer
handschriftlichen Stellungnahme zu seinem Engagement für die NS-Bewe-
gung nach 1945, sei die „NSDAP die geeignete politische Bewegung zur
Lösung der sozialen Frage (...) Mein Beweggrund war (...) stets die Sorge


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