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Wolfgang M. Call
stelle: „Da ich aufgrund langjähriger führender Tätigkeit innerhalb der
NSDAP - meine Mitgliedsnummer befindet sich unter 100.000 - große finanzielle
Opfer bringen musste, die meine Schuldenlast noch vergrößerten
(...)"•10 1934 wurde Wiegert mit einem Zeitvertrag als Lehrer angestellt
und stellte seine Schriftleitertätigkeit beim „Führer" zum Jahresende 1934
ein. Inzwischen erhielt er großen Beistand durch den NS-Kreisleiter Karl
Rombach, der in einem Schreiben am 11. März 1935 an Minister Wacker
vorschlug, Wiegert zum Hauptlehrer zu ernennen. Wiegert gehöre „zu den
verdiensteten und ältesten Parteigenossen in Mittelbaden und „wohl auch
zu den ersten Lehrern in ganz Baden", der nicht nur Mitglied der NSDAP
ist, sondern auch in der schwersten Kampfzeit sich offen und ohne Rücksicht
auf etwaige Folgen für dieselbe eingesetzt hat. Wiegert ist bei der geringen
Zahl geeigneter Parteigenossen im Kreis Offenburg insbesondere
auch in der Stadt Offenburg unentbehrlich."
Inzwischen baute Wiegert seine politische NS-Karriere weiter aus und
wurde im August 1935 Stadtrat und Ortsgruppenleiter der NSDAP. Der
Ziehsohn des berüchtigten Karl Rombach gehörte als einer der wichtigsten
NS-Funktionäre im Alter von nur 27 Jahren zum „inner circle" der NS-
Herrschaft in Offenburg. Trotz des politischen Drucks von Seiten der Partei
lehnte das Kultusministerium eine Anstellung Wiegerts als Hauptlehrer
mit dem Argument ab, die Mädchenrealschule sei überbesetzt. Am 23.
April 1936 schrieb das Ministerium, dass die Stadt eine überplanmäßige
Stelle finanzieren müsse, wenn sie unbedingt Wiegert haben wolle, was
der mit dem Kreisleiter verkrachte Oberbürgermeister Dr. Wolfram Rombach
ablehnte. Stattdessen sollte eine überplanmäßige Lehrerinnenstelle
für den jungen Nationalsozialisten freigemacht werden. Kreisleiter Karl
Rombach sprach sich dagegen aus und führte an, dass immer noch Lehrkräfte
dort arbeiten, die kein Parteimitglied seien und viele Frauen dort tätig
seien, die weniger Stunden arbeiten. Schließlich erfolgte die Ernennung
zum Hauptlehrer wenig später. 1938 erklärte Wiegert der Schulbehörde,
dass er „aus weltanschaulichen Gründen keinen Religionsunterricht mehr
erteilen werde". Der Name Otto Wiegert taucht in den Akten und Aussagen
von Zeitzeugen immer wieder als handelnder NS-Täter auf. Etwa als
Denunziant eines städtischen Mitarbeiters, der sich öffentlich kritisch gegen
den NS-Staat äußerte. Infolge der Denunziation wurde dieser vom
Dienst entlassen. Er nahm sich wenig später das Leben. 11
In den Blick der Ermittlungsbehörden geriet Oskar Wiegert 1946 wegen
seiner Beteiligung an der Reichspogromnacht in Offenburg am 10. November
1939. Dafür musste er 1948 beim Synagogenprozess vor Gericht.
Einhellig berichten die Zeugen über Wiegerts aktive Rolle bei den Geschehnissen
. „Der Wiegert Oskar ist vorausmarschiert. Wir sind dann vom
Cafe runter zum Palmengarten, und da hab ich sie gesehen, wie sie vorbeimarschiert
sind, der Wiegert voraus, und die Männer mussten singen:
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