http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0439
Gutacher Impressionen von Gertel Hagemann
439
Abb. 4: Die „Liebeshütte" in Gutach, 1913
schrie es besonders laut eine lustige Kinderstimme, denn sie wußten nicht,
was sie taten, und sahen nur immerfort auf die geschmückten Häuser und
die künstlichen Springbrunnen. Wunderbar war die letzte Station vor der
Kirche, wo unter dichten, hohen Kastanien der Altar aufgebaut war; die
Kerzen brannten ganz dünn und gelb, das Glöckchen bimmelte drei mal,
von den Bergen wurde geschossen, die bunte dichte Menschenmasse fiel
auf die Knie und bekreuzigte sich. Wie sie dann wieder aufstanden war auf
einmal alles anders, sie sprachen und lachten sogar zusammen, Kinder
wurden geohrfeigt und in froher Stimmung ergoß sich dieser bunte Strom
in die weit geöffneten schwarz erscheinenden Kirchentore. Alle die bunten
Kleider, die seidenen Schürzen, die goldenen und schwarzen Häubchen
hatten sie verschluckt mit samt dem Priester und der Monstranz. Nur die
Kerzen brannten noch unter den Kastanien. Da stiegen wir in unseren Wagen
und fuhren fort."9
In Gerteis Brief an Dehmel vom 5. August 1913 erfährt man mehr über
die „Liebeshütte", in der die Hagemanns (und manchmal auch Gerteis Eltern
) ihre Gutacher Aufenthalte verbracht haben. Wie ein Foto aus der gleichen
Zeit zeigt (Abb. 4), handelte es sich dabei um ein auf den ersten Blick
äußerlich etwas heruntergekommenes, mit Stroh gedecktes typisches
Schwarzwald-Haus: „Wir beide haben eine unbeschreiblich schöne Zeit
hier zugebracht und ein so köstliches Nest gebaut, um das die Menschen
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0439