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Heinz Nienhaus
musste auch Friedrich Goeringer (1817-1872) immer wieder Gäste ins
„Klösterle" oder in den „Gasthof zum Erbprinzen" schicken.17 Wohl dieser
Umstand veranlasste ihn, 1864/65 einen repräsentativen Neubau zu errichten
, den in den Abbildungen 3 und 4 zu sehenden sogenannten „neuen Fürstenbau
". Dieser Prachtbau im Renaissancestil - nicht zu verwechseln mit
dem „alten Fürstenbau" aus Abb. 2 - fügte sich, wie die Abbildungen 3
und 4 belegen, sehr harmonisch in die architektonische Vielfalt der schon
vorhandenen Gebäude im Badhof ein.
Auch der letzte in der Goeringer Familientradition - Otto Goeringer -
war ein sehr engagierter Förderer des Bades; er veranlasste viele Umbaumaßnahmen
und realisierte einige Neubauprojekte bzw. regte sie an.18 Nur
die herausragendsten Bauaktivitäten Otto Goeringers seien hier kurz vorgestellt
: Schon 1887 wurde das in Abb. 3 zu sehende Konversationshaus mit
Damensalon, Orchester- und Leseräumen fertiggestellt. Im Jahr darauf wurde
ein neues Badhaus unmittelbar hinter dem bestehenden „alten Badbau"
errichtet, und 1903 ließ Otto Goeringer den im Jahre 1820 errichteten Brunnenbau
um eine Etage aufstocken. Ein Vergleich dieses Gebäudes in den
Abbildungen 2 und 6 belegt diese Umbaumaßnahme. Neben dem 1909 errichteten
Hallenbad - eines der ersten Hallenbäder Deutschlands - initiierte
Otto Goeringer auch den Bau des ebenfalls 1909 fertiggestellten Prachtbaus
„Villa Sommerberg", den dominierenden und das ganze Badzentrum überragenden
Hotelbau in Abb. 3. In dieser fünfstöckigen Villa gab es neben einigen
Einzel- und Doppelzimmern hauptsächlich Appartements mit mindestens
einem Schlafzimmer, einem Bad und einem Salon. Sämtliche Zimmer
und Appartements hatten Warm- und Kaltwasseranschlüsse, alle Appartements
einen eigenen Toilettenraum und ein Telefon. Ein kleines hauseigenes
Kraftwerk versorgte primär die elektrische Beleuchtung, aber auch
einen Personenaufzug, mit dem alle Stockwerke bequem zu erreichen waren
. Den Gästen, die z. B. zu einem Konzert in die unteren Kuranlagen oder
in das untere Kurzentrum wollten, stand ein beleuchteter unterirdischer
Treppengang zur Verfügung. Die Gesamtplanung dieses Prestigeobjekts lag
in Händen des Freiburger Architekten Mühlbach, der von dem Berliner
Geh. Baurat Carl von Groszheim, u. a. Präsident der Königlichen Akademie
der Künste in Berlin, beratend unterstützt wurde. In baulicher Hinsicht ließ
Rippoldsau nun keine Wünsche mehr offen. In jeder Saison stellte sich eine
erlesene internationale Gästeschar ein (Abbildungen 8 und 9), wobei der
Besuch der großherzoglichen Familie aus Karlsruhe - sie war nahezu jeden
Sommer in Rippoldsau - sicherlich der gesellschaftliche Höhepunkt im
Kurort war. Das änderte sich mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs; vor allem
die Ausländer blieben fern. Für Otto Goeringer war es eine harte Zeit des
wirtschaftlichen Existenzkampfes, der sich schon einige Zeit vor der Gründung
der Aktiengesellschaft im Jahre 1908 abzeichnete. Am 6. Januar 1920
starb Otto Goeringer und damit die Seele des „alten" Bades Rippoldsau.19
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