http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0537
Thema
537
Zug der Erinnerung
Der „Zug der Erinnerung" stand vom 23.-26. 3. 2009 im Bahnhof von Offenburg. Sein Thema
war die Erinnerung an jüdische Kinder, die - auch aus der Ottenau - mit der deutschen
Reichsbahn in die NS-Lager deportiert wurden. Eine bundesweit tätige Initiativgruppe hatte
sich dieses Themas angenommen und schließlich erreicht, dass die Deutsche Bahn als
Rechtsnachfolger der Reichsbahn sich ihrer Verantwortung bewusst wurde und diesen Zug
zusammenstellte. Sein Aufenthalt allerdings musste dann vor Ort von den Kommunen und
Vereinen finanziert werden. Allein für den Offenburger Aufenthalt ergaben sich Gesamtkosten
von 13.000 €, auf die die Bahn nicht verzichten wollte. Der Historische Verein für Mittelbaden
, die St.-Andreas-Stiftung und die Stadt Offenburg übernahmen diese Summe.
Für die deportierten jüdischen Kinder der Stadt Offenburg sprach die eigens aus London
angereiste Eva Mendelsson, geb. Cohn. Im Gengenbacher Spital 1931 zur Welt gekommen
, lebte sie in der Offenburger Wilhelmstraße bis zur Deportation nach Gurs am 22. Oktober
1940. Auch Dorothea Siegler-Wiegand sprach als Zeitzeugin auf dem Bahnsteig. Ihrer
Mutter, der Ärztin Dr. Hertha Wiegand, musste sie damals noch die Fahrkarte bis Karlsruhe
besorgen, wo der Deportationszug nach Theresienstadt bereitstand. Doch Dr. Wiegand
nahm unterwegs Gift und starb in Karlsruhe.
Eva Mendelsson hielt am 23.3.2009 folgende Ansprache: „Für mich ist dieser Zug wie ein
Brandmal. Und ich brauche auch keine extra Erinnerung, denn an jenem Tag, dem 22. Oktober
1940, habe ich mein Heim, mein Alles verloren. Sie wissen: damals wurden die badisch
-pfälzischen Juden in mehreren langen Reichsbahnzügen nach Gurs in Südfrankreich
deportiert. Auf den größeren Bahnhöfen wie Mannheim, Karlsruhe, Offenburg und Freiburg
machten die Züge Halt und nahmen weitere Menschen auf, insgesamt waren es 6.500
Deutsche, alte und junge. Und deswegen empfinde ich diesen Tag auch heute noch sehr
quälend. Ich weiss, es sind viele Jahre verflossen seitdem. Trotzdem kann ich das nicht vergessen
und die Erinnerung an jene Ereignisse, an jenen Abtransport wird bei mir bleiben
bis zu meinem Tod.
Ich durfte seit dem Jahr 1939 nicht mehr in die Schule zuhause in Offenburg gehen, weil
ich Jüdin bin und war. So musste ich bei fremden Leuten in Freiburg wohnen unter der Wo-
Ausstellungstafel im Wageninneren Eva Mendelsson, geb. Cohn
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0537