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140 Christoph Schmider
Schicksal und ließen, gewissermaßen von einer Art „Schreckstarre
" befallen, alles auf sich zukommen? Vertrauten sie auf Gesetz
und Tradition, pochten auf ihre Rechte und darauf, dass
ihnen vor diesem Hintergrund schon nichts passieren würde?
Oder verhielten sie sich etwa wie die sprichwörtlichen Ratten, verließen
das sinkende Klosterschifflein und versuchten jeweils für
sich selbst das Beste aus der Situation herauszuschlagen?
Auf solche und ähnliche Fragen will ich in meinem Referat
Antworten geben - oder, sollte ich vielleicht ein wenig bescheidener
formulieren, ich will versuchen, mich an Antworten anzunähern
. Mit dem Titel „Klosterdämmerung" spiele ich darauf an,
dass es schon vor dem endgültigen „Aus" für die Abtei Schwarzach
so etwas wie eine Endzeitstimmung gegeben hat, dass das
Ende nicht aus heiterem Himmel kam, dass sich die Säkularisation
und die Aufhebung des Klosters nicht erst in den Wochen,
Monaten oder Jahren unmittelbar davor ankündigten, sondern
schon deutlich früher hätten erahnt werden können.
Die Gliederung meines Referats sieht folgendermaßen aus: Zunächst
will ich in einigen groben Strichen ein Bild der Geschichte
Schwarzachs von den Anfängen bis zu seinem abrupten Ende
zeichnen. Dann will ich einige wesentliche geistes- und kirchengeschichtliche
Entwicklungen der letzten zehn bis fünfzehn Jahrzehnte
vor der Schwarzacher „Klosterdämmerung" skizzieren,
und zuletzt will ich mich noch etwas gezielter und detaillierter
einigen Aspekten der Geschichte des Klosters zuwenden.
2 Zur Geschichte des Klosters Schwarzach
Wann genau das Kloster Schwarzach gegründet wurde, wissen
wir nicht, doch dürften seine Anfänge ins 8. Jahrhundert zu datieren
sein. Der Pirminsvita zufolge - die freilich keineswegs eine
exakte historische Quelle, sondern eine mehr oder minder stark
legendenhaft ausgeschmückte Erzählung ist - soll der heilige Pirmin
nicht nur das Benediktinerkloster auf der Reichenau, sondern
später auch Schwarzach gegründet haben. Manches deutet
freilich darauf hin, dass es sich bei Schwarzach nicht um eine
Neugründung handelt, sondern um einen vermutlich noch im
8. Jahrhundert hierher verlegten Konvent, den der auch als Mitgründer
des Gengenbacher Klosters bekannte Graf Ruthard um
749 auf der Rheininsel Arnulf sau gestiftet hatte.2
Der erste schriftliche Beleg für die Existenz des Klosters
Schwarzach datiert aus dem Jahr 817 und findet sich im Kapitu-
lare Ludwigs des Frommen über den Kriegsdienst der Abteien.
Drei Jahrhunderte später, einer Urkunde aus dem Jahr 1104 zufolge
, war das Kloster wirtschaftlich fast völlig zugrunde gerichtet
, und auch in geistig-geistlicher Hinsicht dürfte es seinerzeit
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