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168 Eugen Hillenbrand

lüten. Hatte sie keine Vorräte mehr im Hause, ging sie mit Heilke
us uf dz veld und gewan krut und mähte einen kessel vol oder großen
hafen vol und ging dann zuo den riehen frouwen in der stat und bettelte
kese und speck und schmaltz und maht ein guot (ge)muos und gab
es armen lüten. Ihre Sozialarbeit in der Stadt muss außergewöhnlich
gewesen sein.

Daneben trat Gertruds sonstige Tätigkeit in den Hintergrund.
Zuhause saß sie am Spinnrad und am Webstuhl um Ion. Den Kindern
der Bürger gab sie Unterricht. Sie konnte ja deutsch lesen;
das hatte sie bereits als Kind auf der Burg gelernt, als sie täglich
im Psalter las. Ihre pädagogische Arbeit war geleitet von einem
seelsorgerischen Motiv. Denn ausdrücklich heißt es: si lerte nit
allein richer lüte kind, me arm und rieh zoch sü zuo geistlichem leben
also vil sü mohte. Und nicht nur der bürger kint von der stat, ouch
ander junge kint von den doerfern, arm und rieh, zuo den sprach sü vil
gütlich: liebes kint, wiltu nit ein nünnelin werden? Ja, sie wollte ihre
Mitbürger frömmer machen. Drohten der Stadt Unruhen, ging
sie selbst von Haus zu Haus und bat darum, Messen zu stiften und
Kerzen anzuzünden, und wurde oft bitter enttäuscht, wenn ihr
die riehen lüte das gebet und ouch die Pfennige verseiten, ausgerechnet
die, die doch gros guot zuo verlieren hetten gehebet.40

Bettelorden in der Stadt Offenburg

Gertrud wz der brüder und des ordens guot frünt.41 Der enge Bezug
der Beginengemeinschaft zum Franziskanerkloster war auch
schon äußerlich gegeben. Denn das Haus, in das Gertrud einzog,
muss in der Nähe des Klosters gelegen haben, wohl in der Schulergasse
, die heute nicht mehr existiert, aber noch im 19. Jahrhundert
auf der Höhe der heutigen Vitus-Burg-Straße von der
Lange Straße zur Stadtmauer führte. In Urkunden ist sie erwähnt
als die gassen an der Barfüßer Clostergarten gelegen.42

Von ihrer Kammer aus konnte Gertrud den Gesang der Brüder
hören: Sü sas in ir kammeren an irem bette und hoerte, dz die brüder
messe sungent.43 Die Franziskanerkirche war nicht nur ihr Nachbargebäude
, sondern ihr geistiger Mittelpunkt. Dort besuchte sie
Messe, Vesper und Predigt. Am Morgen konnte sie es kaum erwarten
, bis die Brüder zur Messe läuteten und ihre Kirche aufschlössen
.

Auf dem Klosterfriedhof wurde Gertruds Schwester bestattet,
nicht auf dem Ortenberger Pfarrfriedhof in Käfersberg oder bei
der Stadtkirche am Ölberg. Zwei ihrer Brüder traten in den Franziskanerorden
ein, nachdem sie verwitwet waren. Der jüngere
wart so gar demütig, das er alle zitgem in der küchen wolt sin und den
brüdern kochen und schüsselen weschen. Vermutlich hat er dann
auch den Imbiss zubereitet, den seine Schwester alljährlich zum


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