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Lahrer Familien im 18. Jahrhundert 273
zwei Jahrzehnte vor 1700 in diese Arbeit zu Lahr im 18. Jahrhundert
einzubeziehen.
Eine Zeit des Aufbaus aus Trümmern lässt vermuten, dass Bauleute
wie Maurer, Steinhauer, Zimmermänner das handwerkliche
Leben prägen. Die Zählungen ergeben aber, dass die Versorgungsberufe
für den täglichen Bedarf der Stadtbewohner auch in den
Jahren nach dem Stadtbrand dominierten. Die Zuwanderung ins
Baugewerbe ist ebenfalls nicht signifikant.
Vom mittelalterlichen Zunftwesen her war die Lahrer Berufswelt
dieser Zeit sehr differenziert und spezialisiert. Die Zusammenfassung
zu „Einheitsberufen" hilft, die Übersicht zu behalten
, und führt außerdem zum Nachweis, dass Familienmitglieder
oft verwandte Berufe ausübten.
Fast ausschließlich bei Männern sind die Berufe verzeichnet.
Nur bei 10 der etwa 3620 Frauennamen ist ein Beruf erwähnt.
Diesen Ausnahmefrauen möchte ich die Ehre antun, sie mit ihren
Namen zu nennen: Die Köchin Anna Sonder aus Colmar (1693),
die „Wirtin Zum Bratenfisch" Susanna Brandhofer aus Straßburg
(1695), die Dienstmagd Anna Maria Beyerbach (1743) und die
sieben Hebammen Martha Betz (1683), Anna Maria Bronn (1704),
Margaretha Imber (1704), Maria Magdalena und Sophia Munier
(1715), Anna Catharina Schmidt (1719) und Susanna Elisabetha
Stolz (1780).
Eine Auflistung der häufigsten Berufe zeigt, dass die Arbeitswelt
noch ganz vorindustriell strukturiert ist. Mit deutlichem
Vor Sprung führen die Weber (11,6% der Männer) vor den Landwirten
(Ackersmann, Bauer, Rebmann; 9,3%), Schuhmacher
(7,2%), Metzger (5,3%), Tagelöhner (3,9%), Bäcker (3,8%), Gerber
(3,4%), Schneider (3,2%), Handel (3,1%), Küfer (2,3%),
Schmiede (2,2%). Die Maurer und Steinhauer (1,5%) sowie die
Zimmermänner (1,5%) spielen zahlenmäßig keine große Rolle.
Herrschaftliche und kirchliche Bedienstete (Amtmann, Vogt,
Pfarrer, Vikar u. a.) bilden etwa 3 % der in den Ehebüchern Verzeichneten
. Sie sind nicht Bürger, bestimmen aber deutlich das
Stadtleben mit und geraten von ihrer Rolle her oft genug in Konflikt
mit den Bürgern und ihren Selbstverwaltungsgremien.
Dennoch fällt auf, wie oft Söhne und Töchter von aus Lahr
stammenden Pfarrern in Lahr verheiratet werden (z. B. von Georg
Carl Müller, Pfarrer zu Allmannsweier, die Kinder Georg Jacob
1746, Christina 1751, Johanna Juliana 1760, Maria Henriette
1770), oder wie oft ihre auswärtige Ehe in Lahr festgehalten wird
(z. B. die des Johann Gottlieb Mörstadt, Handelsmann, Sohn des
Pfarrers Johann Christian Mörstadt, am 22.10.1783 in Broggin-
gen).
Tendenzen eines Wandels der wirtschaftlichen und sozialen
Strukturen lassen sich aus dem Vergleich der Zahlen aus der ers-
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