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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0310
Fastnacht im Dorf-das Beispiel Nußbach im Renchtal 309

Nicht zuletzt erfuhr die Fastnacht durch die (katholische) Kirche
eine christliche Prägung. Fastnacht war als Vorfastenzeit eingebunden
in das Kirchenjahr und von der Kirche didaktisch benutzt
. Fastnacht und Fastenzeit standen in einem schroffen Gegensatz
zueinander. Die Fastnacht zeigte nach Dietz-Rüdiger
Moser10 die sündige Welt, die Heillosigkeit und die Verblendung
einer reinen Diesseitsorientierung, während die Fastenzeit zu
christlicher Lebensorientierung und zur Erlösung durch Jesus
Christus hinführen soll. Die fastnächtliche Gemeinschaft der
heidnischen Cupido-Gesellschaft steht der Caritas-Gesellschaft der
Gläubigen gegenüber. Abgeleitet ist dieser Gegensatz vom Zwei-
Staaten-Modell des hl. Augustinus, der der an der Ewigkeit orientierten
civitas dei (Gemeinde Gottes) die in der Zeitlichkeit wirkende
civitas diaboli (Gemeinschaft des Teufels) entgegensetzt.
Der Narr ist seit dem Mittelalter der Gottesleugner, der mit seinen
Schellen das Heidenspektakel, die pure Nichtigkeit, verkörpert.
Sein Verhalten ist Narrheit, weil er nicht Sinnenlust und Hochmut
widerstehen kann. Teufel und Hexen, aber auch verzerrte
und hässliche Masken, die die Unvollkommenheit des Diabolischen
zeigen, erweitern als Figuren die Gegenwelt des Bösen. Dieses
Gegenreich des Bösen ist daran erkennbar, dass seine Geltung
zeitlich eng begrenzt ist und alle Ordnungen auf den Kopf gestellt
sind. Diese Veranschaulichung der christlichen Heilslehre erklärt,
warum die Fastnacht durch die Katholische Kirche im Spätmittelalter
und zur Zeit der Gegenreformation besonders gefördert
wurde.11

In welchen historischen Formen fand aber Fastnacht in der
Region statt? Wie ist sie in den Quellen dokumentiert? Dass in
der bischöflichen Herrschaft Oberkirch Fastnacht gefeiert wurde,
legt die Landesordnung von 1555 nahe. Es wurde geboten, dass
keine ausschweifenden Trinkereien und Schlemmereien an „kleiner
oder großer Fastnacht" stattfinden sollten. Ausdrücklich war
gestattet, dass die Familien mit ihren Nachbarn sich zusammensetzten
und „miteinander essen".12 Im Unterschied zu protestantischen
Territorien wurde in der katholischen Reichlandvogtei
Ortenau und in der fürstbischöflich-straßburgischen Herrschaft
Oberkirch nicht die Fastnacht an sich infrage gestellt, sondern
lediglich Missbräuche und Exzesse sollten verhindert werden.

Die erste Erwähnung eines Fastnachtsbrauchtums findet sich
im 1560 angelegten Statutenbuch des Oberkircher Stadt Schreibers
Johann Wölfflin. Der Landesherr, der Bischof von Straßburg,
regelte darin die Abhaltung des Schauertags.13 Er fand am Montag
nach Invocabit (heute: erster Fastensonntag) statt. Nach einem
Jahrzeitamt für den Stadtschultheiß Heinrich Distelzweig waren
alle Einwohner und Bürger Oberkirchs sowie der Konvent zu Allerheiligen
zu einem Imbiss geladen. An diesem Tag erhielt jede


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