http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0324
Fastnacht im Dorf-das Beispiel Nußbach im Renchtal 323
rieht nach Kriegsende zum Tod verurteilt worden sein. Unter den
amerikanischen Militärs befand sich der Sohn eines Offenburger
Viehjuden, der viele Kontakte nach Nußbach gepflegt hatte. Ausgerechnet
durch dessen Intervention sei S. begnadigt worden.
Fastnacht in den 1950er-Jahren
Nach der Unterbrechung durch die Kriegs- und Nachkriegszeit
lebte die Fastnacht in Nußbach 1950 wieder auf: Die schlimmste
Nachkriegsnot war überstanden, auf die Jahre des Schreckens und
der Entbehrung folgte eine Zeit der überschäumenden Lebensfreude
und des Lebensgenusses. Nach Gründung der Bundesrepublik
wurde 1950 auch in Nußbach wieder „richtig" Fastnacht
gefeiert. Ein „Gschudi-Rat" koordinierte die Aktivitäten.
Am Fastnachtssonntag beteiligte sich eine Nußbacher Abordnung
am Oberkircher Fastnachtsumzug. Wie schon 1929 wurde
ein Esel mit „Steuerpaketen" beladen, um wiederum anschaulich
dem Protest gegen die Abgabenlast Ausdruck zu verleihen.
Besonders wurde durch ein übergroßes
Plakat der „Lastenausgleich
", eine geplante Vermögensabgabe
zugunsten der Heimatvertriebenen53
beklagt. Weiterer
Unmut richtete sich gegen
die „Rindertuberkulose-Untersuchung
", die für Landwirte
und Viehhändler mit Kosten
und Formalitäten verbunden
war. An einem Rind führten der
Viehhändler Friedrich Welle
und der Landwirt Franz Meyer
auf Oberkirchs Straßen eine Untersuchung
vor. Auf Regenschirmen
wurden Geldscheine aufgeklebt
, die 1948 bei der Währungsreform
wertlos geworden
waren. Dazu brachten die Nußbacher
neben einigen „Ministern
" den badischen Staatspräsidenten
Leo Wohleb mit, den
der kleinwüchsige Gottfried
Schwarz sehr originalgetreu
spielte.54
Sportverein, Musik- und Gesangverein
veranstalteten Preismaskenbälle
in Nußbacher
Abb. 7: Die erste
Nachkriegs fas tnach t:
Die Nußbacher machen
sich über Leo Wohleb
und seine Regierung
lustig (1950).
\
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0324