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326 Heinz G. Huber
Er kennt nur seine sichere Hand.
Ein Schuss! Und darauf ein Aufschrei.
Der Förster liegt sterbend im Sand.
Daraufdrückt er dem sterbenden Förster
Die klaffende Brieftasche zu
Und spricht dabei leise die Worte:
„Nun lass Lieschen Müller in Ruhl"
Er stellt sich im Dorf den Gendarmen,
Er klaget sich selber an:
„Gott schenk'meiner Seele Erbarmen!
O.W., was hob ich getan."58
Bei der Fastnacht 1959 war die Flucht des antisemitischen Offenburger
Studienrats Ludwig Pankraz Zind, der unter anderem geäußert
hatte, dass noch nicht genügend Juden vergast worden
seien,59 auch ein Thema auf der Nußbacher Fastnacht:
O Zinde-Kraaz, o Zinde-Kraaz,
Wohin bist du entschwunden?
Sie suchten dich im Sauerland.
Dort warst du völlig unbekannt.
O Zinde-Kraaz, o Zinde-Kraaz,
Wohin bist du entschwunden?
O Zinde-Kraaz, o Zinde-Kraaz,
Bist du in Argentinien?
Es sucht dich dort auch das Gericht,
In Argentinien bist du nicht.
O Zinde-Kraaz, o Zinde-Kraaz,
Wohin bist du gegangen?60
Die zunehmende Mobilität bedrohte auch die traditionelle Fastnacht
in Nußbach. Auswärtige Tanz- und Diskothekenveranstaltungen
waren für die jüngere Generation attraktiver als die Dorffastnacht
, auf der sich alle Generationen fanden. Die „Jugendkul-
tur" prägte auch zunehmend die Fastnacht. Die „Wirtschaftsfa-
sent" nahm von Jahr zu ab, die Narrenzunft hatte sich schon zu
Beginn der 1960er-Jahre aufgelöst. Die Verbreitung des Fernsehens
ermöglichte vor allem Älteren, vom bequemen Sessel aus
Fastnacht mitzuerleben.
Der Bau einer Mehrzweckhalle 1976 hatte es möglich gemacht
, auch in Nußbach große Veranstaltungen abzuhalten.
Mehrere Nußbacher Vereine, so Kirchenchor, Männergesangverein
, Musikverein und Katholische Frauengemeinschaft, feierten
Vereinsfastnacht mit närrischen Einlagen. Nach wie vor wurden
Dorfereignisse an Fastnacht „durchgehechelt", wobei die Auftritte
von „Wäschwiibern" immer wieder Höhepunkte bildeten.
Auf der anderen Seite wurde die Fernsehfastnacht mit ihren Bai-
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