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Hans Harter
Gott einst die Juden erlöste, so griff er auch jetzt wieder ein,
was die Zuschauer im Spiel auch für ihr Schicksal erkennen
werden.
Während vom eigentlichen Schauspiel nur der Titel bekannt
ist, an dessen alttestamentarische Vorlage man sich wohl hielt,
ist unter den in Stuttgart eingereichten Texten noch der Epilog
erhalten. Er wird, „wan die Comedy ier End erreicht", wiederum
vom Herold vorgetragen, in Anwesenheit und inmitten
„des ganzen Aufzug".
In 122 Versen zieht er das Fazit der Aufführung, für beide,
Arm und Reich, die viele „schöne Lehren" gleichsam wie in
einem Spiegel sahen, dazu, „waß einem Menschen ansteht wol,
und widerumb auch meiden sol." Man weiß selber nicht, was
für einen von Übel ist, doch kann man an anderen sehen, was
einem fehlt, und „derhalb hat man des Nutzes vil, wo man helt
solche Fraidenspil." In ihnen werden wir
„ Unß gnuogsam wol bespieglen könen,
Lehmen, besehen und ersinnen,
Waß man sol meiden und underlohn.
Hergegen aber sollen thon."
Sie helfen zu einem guten, christlichen Leben, da sie direkt in
die zehn Gebote hineinführen, die nun der Reihe nach auf die
einzelnen Akteure und Situationen des Stücks angewendet werden
: Hauptnegativfigur ist der königliche Minister Haman, der
als Lügner, Ehrgeizling, Dieb, Falschspieler, Neider und Lüstling
dargestellt wird. Ihn hat Gott zu Recht gestraft, wie auch die
Königin Vasthi wegen ihres Ungehorsams. Gott aber lässt „den
Frommen" auch in seinen Nöten nicht im Stich, „sonder er
zeicht in wider rauß, gibt im vil Fraiden uiberauß". Dies konnte
man an Mardach, „dem frumen Man", und der Königin Esther
erleben. Mit ihrem Gottvertrauen und frommen Leben sind sie
die großen Vorbilder, denen nachzueifern „hie Glickh und dort
daß ewig Leben" bringt.
Der Herold schließt mit dem Dank an alle, „Hoch und nider
Standspershonen", die ihnen Gehör geschenkt haben, bittet
um Nachsicht „wa etwaß nit zugangen eben", verspricht Abhilfe
„zu andern Zeiten" und schließt mit dem Gebet, dass
„Gott wol zugegen jederman
Mit seinen Gnaden schauen an,
Und unsser Seel an unsserm End,
Zu im nehmen in seine Hend."
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